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5. Oktober 2012 - Antrag der Stadt verzögert Brücken-Prozess

Oberlandesgericht vertagt Verhandlung im Finanzierungsstreit um die Waldschlösschenbrücke auf Mitte November

Kein Bauwerk in Dresden zieht den Ärger so an wie die Waldschlösschenbrücke. Der Weltkulturerbe-Titel ist aufgrund der neuen Elbquerung schon lange passé. Doch daran, wie teuer der Bau der Brücke den Dresdner Haushalt zu stehen kommt, scheiden sich nach wie vor die Geister.

Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Dresden unter Vorsitz von Frank Bastius sollte gestern eigentlich Licht ins Dunkle bringen und den Streit zwischen der Stadt und der Arbeitsgemeinschaft Brückenbau (ARGE), unter dessen Dach die ausführenden Bauunternehmen versammelt sind, mit einer eindeutigen Feststellung schlichten. Doch der Prozess wurde vertagt und wird am 15. November fortgesetzt. Der Grund für die Verzögerung: Die Stadt möchte als Kläger die Rechtslage schriftlich neu erörtern. Diesem Antrag gab das Gericht im Rahmen eines Schriftsatznachlasses statt.

Beim Streit zwischen Stadt und ARGE geht es um die so genannte „Stahlbauvereinbarung“ aus dem Jahr 2008, die zwischen Stadt und ARGE getroffen wurde. Ziel der vertraglichen Regelung war es, der ARGE eine Möglichkeit zu bieten, gestiegene Stahlkosten, die beim Bau der Brücke anfielen, einzupreisen. 14,9 Millionen Euro darf die ARGE demnach mehr für den Bau der Brücke fordern als veranschlagt. Die Fertigstellung wurde auf den 1. Juni 2011 festgesetzt. Dieser Termin konnte nicht eingehalten werden, da die Stadt eine Genehmigung für das Einschwimmen des mittleren Brückenteils beantragen musste. Die Brücke wurde auch nicht wie geplant in Teilstücken, sondern im Ganzen eingeschwommen, was für zusätzliche Kosten sorgte.

Nun will die ARGE sich die Mehrkosten bezahlen lassen und beansprucht rund zwei Millionen Euro mehr als die „Stahlbauvereinbarung“ ursprünglich vorsah. Die Stadt sieht den vereinbarten Preis im zusätzlichen Vertragswerk als verbindlich an und wollte bereits im Juni vor dem Landgericht Dresden genau dies festgestellt wissen. Damals wies das Gericht unter Vorsitz von Bettina Garmann die Klage zurück. „Es geht um einen isolierten Aspekt eines komplexen Vertragswerkes. Das halten wir für nicht zulässig“, begründete die Vorsitzende im Juni ihre Entscheidung. Die Stadt ging in Berufung und nun stehen sich beide Parteien im Oberlandesgericht gegenüber.

Auch wenn gestern kein Urteil fiel, die Grünen im Stadtrat nutzten den Verhandlungstag, um sich einmal mehr zum Thema zu äußern. Gerade die zu erwartenden hohen Unterhaltskosten für das Bauwerk stehen in der Kritik. So wurden die 3,768 Millionen Euro Folgekosten pro Jahr für die Waldschlösschenbrücke denen der ebenfalls vierspurig geplanten Albertbrücke gegenübergestellt, die nur ein Sechstel der Unterhaltskosten benötigen soll. Gerade die Mittel für Fußgänger und Verkehrssicherheitsmaßnahmen kämen deshalb in der Haushaltsplanung zu kurz, so Grünen-Stadträtin Margit Haase. Hauke Heuer

Dresdner Neueste Nachrichten, 5. Oktober 2012