|
23. Mai 2012 - Nicht nur in Dresden explodieren die Kosten für Großprojekte: |
Kostenexplosion beim Flughafen: Berliner Terminal wird doppelt so teuer wie geplantDas Berliner Prestigeprojekt gerät zum völligen Desaster: Der neue Hauptstadtflughafen wird nicht nur neun Monate später fertig, er wird auch erheblich teurer als geplant. Vor allem das Abfertigungsgebäude sprengt die Kalkulationen. Schönefeld/Potsdam – Am neuen Berliner Hauptstadtflughafen „Willy Brandt“ mehren sich die Anzeichen für eine Kostenexplosion. Der Airport könnte statt der ursprünglich erwarteten 2,5 Milliarden Euro letztlich rund drei Milliarden Euro kosten, befürchtet die Opposition im Potsdamer Landtag. Die Gesamtkosten könne derzeit noch niemand beziffern, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Er bat am Montag in einer Regierungserklärung um Entschuldigung für die Verzögerungen beim Bau des Flughafens. Dessen Eröffnung war vom 3. Juni auf März 2013 verschoben worden, weil die Brandschutzanlage noch nicht fertig ist. Allein das Abfertigungsgebäude kostet nach aktueller Prognose 1,22 Milliarden Euro, wie Platzeck sagte. Hinzu kämen 50 Millionen Euro für Um- und Anbauten. Damit wäre der Terminal doppelt so teuer wie ursprünglich geplant – kalkuliert waren 620 Millionen Euro. Als Gründe nannte der Ministerpräsident zusätzliche Ausgaben etwa für doppelstöckige Fluggastbrücken. Hinzu kämen Kosten für neue Sicherheitstechnik wegen der EU-Freigabe für Wasserflaschen im Handgepäck ab 2013. Platzeck: Niemand weiß, ob Finanzierungsrahmen ausreicht Mit Blick auf die Gesamtkosten sagte Matthias Platzeck, die verfügbaren Mittel seien ausgegeben oder vertraglich gebunden. Der Kreditrahmen für das Projekt liege bei 2,4 Milliarden Euro. Die Gesellschafter hätten zusätzlich 430 Millionen Euro freigegeben. Zudem habe die Flughafengesellschaft FBB Eigenmittel in Höhe von 530 Millionen Euro für Investitionen in Schönefeld und auf dem bisherigen Flughafen Tegel erwirtschaftet. „Niemand weiß heute – 13 Tage nach der Entscheidung über die Verschiebung -, ob dieser Finanzierungsrahmen ausreicht“, sagte Ministerpräsident Platzeck im Potsdamer Landtag. Nachträge der Baufirmen seien möglich, hinzu kämen Kosten der Verschiebung. Die Betreiber gehen von monatlich 15 Millionen Euro aus, allerdings noch ohne die angekündigten Schadensersatzforderungen der Fluggesellschaften. Platzeck sagte, die Flughafengesellschaft müsse dem Aufsichtsrat am 22. Juni seriöse Zahlen nennen. Zusatzkosten durch sogenannte Zinswetten, wie vom SPIEGEL berichtet, gebe es nicht, sagte Platzeck. Laut Geschäftsbericht für 2011 lagen die Risiken aus diesen Geschäften zum Jahresende bei 214,5 Millionen Euro. Das seien Buchwerte, sagte Platzeck. Die Geschäftsführung habe nicht vor, die sogenannten Swaps zu kündigen. Sie sollen den Flughafen gegen steigende Kreditzinsen absichern. Sonderkommission für Flugkoordinierung Platzeck ließ offen, ob der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg als Eigentümer Geld nachschießen müssen. Aus Sicht von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) müssen die Mehrkosten infolge der Verzögerungen bei der Fertigstellung des Flughafens von den Gesellschaftern getragen werden. Der Minister sagte im Deutschlandfunk, die Flughafengesellschaft gehöre drei Partnern: den Ländern Brandenburg und Berlin zu jeweils 37 Prozent sowie dem Bund zu 26 Prozent. „Und, wenn es Nachschusspflichten gibt, werden diese in diesen Quoten aufgeteilt.“ Bislang sind Bund und Länder mit 440 Millionen Euro beteiligt, auf das Land Berlin entfallen 180 Millionen Euro. Ein Sprecher Ramsauers bestätigte auf Anfrage, dass eine Sonderkommission eingerichtet worden sei. Aufgabe des Gremiums sei die Koordinierung der Flüge von den bisherigen Flughäfen Tegel und Schönefeld. Beteiligt seien die Deutsche Flugsicherung, die Zentralabteilung des Ministeriums und der Deutsche Wetterdienst. Sowohl Platzeck als auch Ramsauer verteidigten die Arbeit des Aufsichtsrats. Platzeck räumte allerdings ein, hinterher sei man immer schlauer: „Daher ist es natürlich aus heutiger Sicht so, dass wir noch misstrauischer hätten sein sollen.“ Einen Rückzug aus dem Gremium lehnte Platzeck ab. Er wolle dafür arbeiten, dass der Flughafen trotz aller Schwierigkeiten ein Erfolg werde. abl/dpa-AFX/dapd Spiegel-online, 21. Mai 2012 |