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13. April 2012 - Teurer Tribut an den Brückenstreit

Über Brückenblitzer am Waldschlößchen

Peter Hilbert

Die Stadt steht mit dem Rücken an der Wand. Einerseits will sie die Waldschlößchenbrücke fertig bekommen. Andererseits muss sie beim Bau Hürden überwinden, über die viele nur mit dem Kopf schütteln. Dazu zählt sicher der Fakt, dass die umstrittene Brücke wegen der Kleinen Hufeisennasen zu Deutschlands teuerster Tempo-30-Zone wird.

Doch wer den Brückenbau mit aller Macht durchsetzen will, muss die Kehrseite in Kauf nehmen. Schließlich wird mit dem samt Tunnel über einen Kilometer langen Bauwerk gravierend ins sensible Elbtal eingegriffen. Dass Büsche gepflanzt werden, um die Fledermäuse nachts unter der Brücke hindurchzuleiten, leuchtet sicher noch ein.

Komplizierter wird es schon bei der Tempo-30-Zone in Sommernächten. Schließlich dürften die Kleinen Hufeisennasen bei ihren Nachtflügen auch vorbei an der Albertbrücke und anderen Elbquerungen sausen, für die dieses Tempolimit nicht gilt.

Das ist offenbar ein Tribut, um den Brückenstreit überhaupt irgendwann beenden zu können. Es ist verständlich, dass hier Juristen jede Unwägbarkeit ausschließen wollen. Mit Blick auf die mittlerweile auf über 181 Millionen Euro prognostizierten Kosten ist das für Otto-Normalbürger jedoch kaum noch nachvollziehbar. Schließlich wird allein für die Blitzer mit 160000 Euro ein Vielfaches seines Jahresgehalts hingeblättert. Ein teurer Tribut. Zumal bislang noch völlig unklar ist, ob sich die Kostenspirale nicht noch weiter drehen wird.


Erste Brücken-Blitzer vorbereitet

Von Peter Hilbert

Schon beim Bau der Waldschlößchenbrücke werden die Tempomesser eingepasst. Sie sollen Fledermäuse schützen, sind für die Stadt aber eine teure Angelegenheit.

Die Waldschlößchenbrücke ist noch nicht ganz fertig. Aber für die Brückenblitzer ist schon alles vorbereitet. Rund 160.000 Euro muss die Stadt bezahlen, um die beiden stationären Tempo-Messanlagen aufzustellen. Insgesamt hat Dresden bereits 134 Millionen Euro an der Waldschlößchenbrücke verbaut. Diese Bilanz zog gestern Baubürgermeister Jörn Marx (CDU) vor Ort. Diese Kosten stecken eben auch im Detail, die zu schnelle Autofahrer künftig auf der Brücke kennenlernen werden – wenn sie geblitzt werden. Denn beim Bau wird darauf geachtet, dass jegliche Gefahren für die Kleine Hufeisennase ausgeschlossen werden. Deutschlands wohl teuerste Tempo-30-Zone wird dafür technisch aufgerüstet – Fledermausschutz inklusive.

Eine Idee der Stadt ist das in diesem Fall jedoch nicht. Die Brückenbauer fügen sich den Zwängen, die ihnen das Oberverwaltungsgericht Bautzen auferlegte. Zwar hob es mit dem Urteil vom 14. November 2007 den Baustopp auf und machte somit den Weg für den Brückenbau frei. In der Waldschlößchenbrücke sahen die Richter auch keine Gefahr für die geschützte kleine Hufeisennase.

Um jedoch mögliche Gefährdungen für die Fledermäuse auszuschließen, verpflichteten die Richter die Stadt zu Nachbesserungen und legten die Geschwindigkeitsbeschränkungen mit den Tempomessanlagen fest. Wenn nachts die Hufeisennasen jagen, gilt von April bis Oktober die Höchstgeschwindigkeit 30. Einem dem Gericht vorliegenden Gutachten hat die Fledermaus Probleme, Autos mit einem Tempo von 60 Kilometern pro Stunde auszuweichen. Während also auf der neuen Pirnaer Elbebrücke mit Tempo 100 über die Elbauen gerast werden darf, müssen sich Dresdner auf der vierspurigen Trasse am Waldschlößchen mit 70 km/h weniger begnügen.

Tiefflug durch Sommernacht

„Die Geschwindigkeitsbegrenzung im Sommer ist schon sinnvoll“, sagt Gottfried Mann, der im Dresdner Vorstand des Naturschutzverbandes BUND aktiv ist. Schließlich sei das Elbtal eines der wichtigsten Verbreitungsgebiete der Kleinen Hufeisennase. Auch im nahen Mordgrund und den Gängen des einstigen Lahmann-Sanatoriums gebe es sie.

In warmen Sommernächten würden diese Fledermäuse bekanntlich im Tiefflug über Straßen jagen. „Durch diese Verbesserungsmaßnahmen wird die Brücke aber nicht besser“, stellt der Naturfreund klar. Er lehnt das Bauwerk nach wie vor ab, das noch dieses Jahr übergeben werden soll.

Fürs Aufstellen der Blitzer sind die technischen Vorbereitungen getroffen, erläutert Bauoberleiter Hans-Joachim Kummert. Die Tempomesser sollen dort stehen, wo die Bögen auf der Neustädter Seite auf die Fahrbahnplatte treffen. In die Stahlteile sind sogenannte Fädelrohre eingebaut, die derzeit noch seitlich aus dem Bogen herausragen. Darin sind Drähte befestigt, an denen die Anschlusskabel künftig durch die Rohre gezogen werden können. Die führen über etwa 300 Meter in die Tunnelzentrale, wo die Blitzersteuerung steht und die Sünder-Daten ans Ordnungsamt weitergeleitet werden. Noch vor der Brückenübergabe sollen die Tempomesser im Herbst aufgestellt werden.

Sächsische Zeitung, 13. April 2012