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11. April 2012 - Elbe-Staustufe ist Gefahr für die Umwelt |
Von Sandro Rahrisch Bedrohte Fischarten müssen bei Decin um ihr Leben fürchten, sagt Sachsens Umweltminister. Auch die überarbeiteten Pläne Tschechiens lehnt der Freistaat deshalb ab. Die geplante Elbe-Staustufe bei Decin könnte zu einem massiven Fischsterben führen. Zu dieser Einschätzung kommt Umweltminister Frank Kupfer (CDU). „Praktisch alle Lachse, die in den Atlantik abwandern, würden in die Turbinen der Wasserkraftanlage geraten“, sagte er am Donnerstag. Oberhalb der Staustufe liegen fast alle historischen Lachs-Laichgewässer in Tschechien. Damit lehnt Sachsen auch die überarbeiteten Baupläne des Nachbarlandes ab. Zwar sollen Gitterstäbe die Fische vor den Turbinen schützen. Der Abstand von 24 Millimetern sei aber viel zu groß. „Das ist schon seit über 100 Jahren nicht mehr Stand der Technik“, sagte Kupfer. Damit würden alle Bemühungen zunichte gemacht, die Lachspopulation in der Elbe wieder zu erhöhen. Wegen ihrer Größe seien auch die vom Aussterben bedrohten Bach- und Flussneunaugen gefährdet. Durch die Staustufe sollen Schiffe auch bei Trockenheit fast ganzjährig auf der Elbe in Tschechien fahren können. Eine tiefere Fahrrinne ist laut Experten wegen des starken Flussgefälles nicht möglich. Die Rinne würde ständig mit Sedimenten zugesetzt. Die sächsische Regierung hat den tschechischen Behörden ihre Bedenken diese Woche schriftlich mitgeteilt. „Wenn sie die Staustufe trotzdem bauen wollen, dann können wir dagegen nichts tun“, sagte der Umweltminister zu den rechtlichen Möglichkeiten des Freistaats. Schmutziges Wasser befürchtet Weil die tschechischen Planer eine Verschlechterung der Wasserqualität nicht ausschließen können, hofft Sachsen nun auf die Hilfe der Europäischen Kommission. Sachsen hat Zweifel, dass die Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie in Zukunft eingehalten werden können. Im Bereich des Stausees sei mit Algen zu rechnen, sagte Kupfer. Außerdem könnten Schadstoffe, die in den Sedimenten gebunden sind, mobilisiert werden. Für das rund 220 Millionen Euro teure Bauwerk rechnet Tschechien mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union. Die Förderung wäre an Auflagen gebunden. Während der Freistaat bisher immer nur die Umweltverträglichkeit prüfte, bezweifelt der Bund für Umwelt- und Naturschutz in Deutschland (BUND) auch den wirtschaftlichen Nutzen der Elbestaustufe. „Mit diesem Bauwerk mitten im Elbsandsteingebirge wäre lediglich auf 15 Flusskilometern die angestrebte ganzjährige Schiffbarkeit hergestellt“, sagte Elbekoordinator Iris Brunar. „Auf den übrigen 550 Kilometern bis Hamburg sind schwankende Wassertiefen die Norm und damit eine planbare Schifffahrt nicht möglich.“ Ähnlich äußerte sich die umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag, Jana Pinka. „Der Bedarf der Schifffahrt macht die Staustufe für sich isoliert betrachtet zwar nachvollziehbar“, sagte sie. Wegen des Klimawandels sei aber nicht damit zu rechnen, dass die über 30 Staustufen und Wehre in Tschechien dauerhaft eine befriedigende Wasserführung gewährleisten können. Der Freistaat sieht nur eine Möglichkeit, die Schifffahrt auf der Elbe in Sachsen zu sichern. Und das sei eine ausreichend tiefe Fahrrinne, sagte Kupfer. Reeder suchen nach Alternativen Erst im März hatte das tschechische Verfassungsgericht entschieden, dass die Binnenschiffer kein Anrecht auf eine ganzjährige Befahrbarkeit der Elbe haben. Daraufhin bekräftigte das dortige Umweltministerium, dass man an der Staustufe trotzdem festhalte. Im Herbst hatte der Generaldirektor der größten tschechischen Reederei CSPL, Milan Raba, angeregt, den Gütertransport gleich auf ausgebaute Wasserstraßen nach Westeuropa zu verlegen. Im Gegenzug könnte Prag auf die neue Staustufe verzichten. Die Binnenschifffahrt in Tschechien wäre damit zu Ende. Wann der Bau überhaupt beginnen soll, ist laut sächsischem Umweltministerium noch völlig offen. Es stünden noch zahlreiche Anhörungen bevor. Mit der tschechischen Regierung habe man sich aber auf weitere Gespräche geeinigt, so Kupfer. Sächsische Zeitung, 07. April 2012 |