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30. März 2012 - „Dresden ist keine Insel der Glückseligen“

Von Denni Klein

Der Finanzbürgermeister schlägt Alarm: Bis 2015 fehlen knapp 130 Millionen Euro. Er droht für 2012 mit einer Haushaltssperre und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Stadträte.

Dresden geht das Geld aus, mehr noch: Schon für 2012 gibt es eine millionenschwere Haushaltslücke. Finanzbürgermeister Hartmut Vorjohann (CDU) beziffert diese aktuell mit 32,8 Millionen Euro. Bis 2015 fehlen ihm sogar 127,3 Millionen Euro. Mehrausgaben für zusätzliche Kitas und Schulen, die zu erwartenden Tariferhöhungen für die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes und weniger positive Steuerentwicklungen als erwartet reißen die Lücke. Jetzt droht der Herr des Geldes mit einer Haushaltssperre.

Problem 1: Einnahmen steigen langsamer als die Ausgaben

Für den Finanzbürgermeister gibt es eine Hauptursache für die drohende Geldnot. Die Einnahmen steigen, aber langsamer als die Ausgaben. So erwartet Vorjohann bis 2015 zwar stetig steigende Einnahmen aus Steuern und Zuschüssen des Landes. Im Jahr 2015 geht er von gut 900 Millionen Euro Einnahmen aus, über 90Millionen Euro mehr als 2011. Doch werden sich die notwendigen Ausgaben, insbesondere für Kitas und Schulen aufgrund der steigenden Kinderzahlen wesentlich deutlicher erhöhen. „Es ist unsere Pflicht, ausreichend Platz in Kitas und an Schulen als Stadt bereitzustellen. An dieser Aufgabe kommen wir nicht vorbei. Um das zu erfüllen, können wir nicht alles andere auch noch gleichzeitig bauen.“

Problem 2: Land gibt für neue Schulen kein Geld mehr

Dresden werde seine Pflichtaufgabe erfüllen und jeden freien Euro in Bildung investieren, bekräftigte Vorjohann das Ziel. Hier rechnet er vor, das Dresden jedes Jahr 60 und 70Millionen Euro eigenes Geld in den Bau neuer und die Erweiterung bestehender Schulen investieren wird. „Doch die Summe der Investitionen steigt damit weniger deutlich, weil sich das Land aus der Mitfinanzierung von Schulen de facto verabschiedet hat.“ Dresden bekam zwischen 2005 und 2010 vom Land bis zu 25 Millionen Euro pro Jahr dazu. 2012 rechnet er noch mit acht Millionen, bis 2015 nur noch mit drei Millionen Euro. „Das Land hat das Förderprogramm auf Sinkflug gestellt. Wir kämpfen mit dem Freistaat, dass er wieder mehr Geld für Schulen gibt. Wir haben hier ordentlich aufgestockt, aber das reicht alles noch nicht.“ Bis 2024 müssten Kapazitäten von 19 zusätzlichen Schulen geschaffen werden. „Die müssen da sein, wenn die Schüler da sind. Deshalb müssen wir da jetzt ran.“

Problem 3: Kosten für Erzieher und Kita-Betrieb steigen rasant

Seit 2005 fast verdoppelt haben sich die Kosten für den Betrieb von Kitas. Damals gab die Stadt jedes Jahr 64,4 Millionen Euro für Erzieher und Betriebskosten aus. 2011 waren es bereits 124,1 Millionen Euro. „2015 werden es 161,1 Millionen Euro sein“, erklärt Dresdens Finanzchef. So muss er in den nächsten vier Jahren über 82 Millionen Euro mehr für Kitas bereitstellen als bisher geplant. „Die demografische Entwicklung hat uns alle überrascht. Die Geburten wurden ziemlich gut prognostiziert, aber mit einem so starken Zuzug nach Dresden haben wir nicht gerechnet.“ Dies spreche für die Attraktivität Dresdens, die zweifelsohne auf die hohen Investitionen seit dem Woba-Verkauf und der erreichten Schuldenfreiheit zurückzuführen seien. „Aber wir müssen uns der sehr schönen Bevölkerungsentwicklung mit all ihren Herausforderungen jetzt stellen.“

Problem 4: Stadtrat beschließt Projekte, doch das Geld fehlt

Vorjohann warnte die Stadträte, immer neue Projekte zu beschließen. „Mir ist klar, um politische Stimmen wirbt man nicht mit Versprechen, etwas zu streichen oder zu sparen. Aber das Prinzip ‚Wir versprechen allen alles und zwar gleichzeitig“ ist nicht finanzierbar. Dresden ist keine Insel der Glückseligen.“ Für den nächsten Haushalt müssten die Räte klar sagen, was sie wollen und was sie dafür zumindest zeitlich verschieben. So müssten neben Kitas und Schulen auch die 7,8 Millionen Euro Mehrkosten für die Rathaussanierung, die fehlenden 16 Millionen für das Kulturkraftwerk oder die Reparatur der Eishalle erstmal gedeckt werden. Das geht nur mit Verzicht an anderer Stelle oder Schulden. Diese schloss er als Weg für Dresden aus.

Sächsische Zeitung, 29. März 2012