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22. März 2012 - Parkchaos nervt Johannstädter

Von Tobias Wolf

Wegen der Sanierung der Fetscherstraße werden die Platzprobleme im Stadtteil immer größer. Und der Frust auch.

Nicole Drechsler wirkt gehetzt. Sie muss in der Pfotenhauer Straße schnell einen Parkplatz finden, damit sie rechtzeitig zu ihren Patienten kommt. Eigentlich hat sie einen tollen Job, wenn sie sich nicht immer über die Parkplatznot in der Johannstadt ärgern würde.

Als Profi-Fußpflegerin arbeitet sie für einen mobilen Pflegedienst und besucht drei Tage in der Woche Senioren und Kranke, die nicht mehr vor die Tür können. Doch Termine und Straßenverkehrsordnung gleichzeitig einzuhalten ist schwierig. Denn oft muss sie im Halteverbot stehen bleiben, weil nirgendwo Platz ist. Weit laufen kann sie vom Auto auch nicht, zu schwer ist ihre in zwei Koffern verstaute Ausrüstung. „Die Parkplatzsituation geht überhaupt nicht“, sagt sie verärgert. „Vor allem für Pflegedienste ist das ein großes Problem.“ In nur zwei Monaten kassierte sie fünf Strafzettel vom Ordnungsamt, weil sie wieder falsch parken musste.

„Eine Sondergenehmigung bekommen wir von der Stadt auch nicht“, sagt Drechsler. Ihre Chefin Marjana Hoch ist täglich selbst im Einsatz bei den Patienten. „Johannstadt ist bei Parkplätzen die nackte Katastrophe“, sagt sie. „Das ist das schlimmste Gebiet in ganz Dresden.“ Sie muss es wissen. Ihre Mitarbeiter betreuen den ganzen Dresdner Osten, die Altstadt und einige südliche Stadtteile. Knöllchenfrust gehört für sie zum Alltag.

„Kaum stellt man sich in seiner Not irgendwo ins Parkverbot, hat man schon ein Ticket dranhängen“, sagt die Pflegedienst-Chefin. Auch Gewerbetreibende entlang der Pfotenhauerstraße sehen das Parkplatzproblem zunehmend kritisch. „Ich muss ohnehin schon mit dem Auto eine Viertelstunde kreisen, bis ich einen Platz habe“, sagt Optikermeister Gerd Koch. „Seit die Fetscherstraße saniert wird, ist das noch schlimmer geworden.“ Dabei gebe es genügend Möglichkeiten, die Parknot zu bekämpfen. „Die gesperrte Terscheckstraße könnte ohne Probleme wieder geöffnet werden und so einige Parkplätze mehr bringen“, sagt er. „Dazu könnte die Stadt in den umliegenden Straßen die Fahrbahn anders markieren, damit die Leute quer statt längs parken können.“

„Die Stadt ist sehr träge.“

Doch das Rathaus reagiert offensichtlich kaum auf die Parkplatzprobleme im Stadtteil. Stattdessen schiebt es dem Freistaat den Schwarzen Peter zu. „Das Uni-Klinikum und die Biotechnologieunternehmen haben Tausende Mitarbeiter und gehören dem Land“, sagte Baubürgermeister Jörn Marx (CDU) am Mittwoch im Altstädter Ortsbeirat. Der Wiedereröffnung der Terscheckstraße erteilte Marx eine klare Absage. In den nächsten fünf Jahren werde dort aus Geldmangel nichts geschehen. Die Fahrbahn müsse in Ordnung gebracht werden und eine moderne Straßenbeleuchtung installiert werden, so Marx. Das seit Jahren versprochene Parkraumkonzept für den Stadtteil kommt auch nicht voran, wird immer wieder verschoben. Nun soll es Ende 2012 vorgestellt werden.

Der Johannstädter Dietrich Ewers hat dafür kein Verständnis. „Die Stadt ist sehr träge“, sagt der frühere Altstädter Ortsamtsleiter. „Außerdem muss an der Terscheckstraße gar nicht so viel gemacht werden, andere Straßen im Umfeld sind in einem weitaus schlimmeren Zustand.“ Mit einem Schild, das darauf hinweist, dass die Straße auf eigene Gefahr benutzt wird, sei auch das von der Stadt angeführte Sicherheitsproblem vom Tisch, so Ewers. Zusätzlich könnten brachliegende Flächen als provisorische Parkplätze eingerichtet werden. Jetzt hat das Rathaus zumindest 30 Parkplätze unter der Zufahrt zur Waldschlößchenbrücke am Kollwitz-Ufer freigegeben und am Tatzberg weitere 37 geschaffen.

Dort sollen die Autofahrer künftig quer parken. Angesichts der drückenden Probleme im Stadtteil wohl nur ein Trostpflaster.

Sächsische Zeitung, 22. März 2012


siehe dazu: Bringt die Waldschlößchenbrücke wirklich eine spürbare Verkehrsentlastung? Natur, Umwelt, Verkehr