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22. März 2012 - Dresden fehlen bis 2015 über 127 Millionen Euro

FDP fordert Kassensturz: Lücke bis 422 Millionen

Dresden (DNN/hw). Der Stadt Dresden fehlen bis zum Jahr 2015 zwischen 127,3 und 198 Millionen Euro, um Schulen und Kitas wie geplant zu sanieren und auszubauen und Pflichtaufgaben wie die Erziehungshilfen für Problemfamilien zu erfüllen. Das geht aus einer Schätzung des Finanzdezernats hervor. Die FDP ist in einer eigenen Kalkulation sogar auf 291 bis 422 Millionen Euro gekommen, die in der Rathauskasse fehlen.

Selbst im besten Falle – wenn nämlich der Freistaat alle geplanten Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich (FAG) an Dresden weiterleitet – werde es „die Landeshauptstadt ohne zusätzliche Anstrengungen im Bereich der Haushaltskonsolidierung und ohne zusätzliche Prioritätensetzungen kaum schaffen, die Herausforderungen der demografischen Entwicklung fiskalisch zu meistern“, heißt es in einer Vorlage der Verwaltung, die sich eigentlich mit der Finanzierung des Kulturpalastes beschäftigt, in die das Finanzdezernat aber einen Ausblick auf die Haushaltslage bis 2015 eingearbeitet hat. Richte der Freistaat aus den FAG-Mitteln wieder einen Vorsorgefonds ein, werde das Dresdner Defizit sogar von 127 auf 198 Millionen Euro steigen.

Die Dresdner Liberalen kommen in einer eigenen Kalkulation, die bereits beschlossene, aber noch nicht durchfinanzierte Großprojekte einbezieht, sogar auf noch höherer Summen. Demnach fehlen mittelfristig 291 bis 422 Millionen Euro im Stadtsäckel. Über die Pflichtaufgaben hinaus rechnen sie zum Beispiel fünf bis elf Millionen Euro für den Umbau der Schwimmhalle an der Freiberger Straße ein, 89 bis 143 Millionen für neue Straßenbahnstrecken und rund 70 Millionen für ein neues Technisches Rathaus. Außerdem seien Mehrkosten zu erwarten, wenn ab 2013 – wenn Krippenplätze zum Rechtsanspruch werden – noch mehr Kinder in Kitas gehen, Fördermittel für das Kulturkraftwerk Mitte ausfallen, die Fetscherstraße saniert werde, die Baupreise steigen und dergleichen mehr.

Die FDP fordert daher nun in einem Stadtratsantrag einen „Kassensturz“ von Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) und einen mittelfristigen Finanzierungsplan für kommunale Projekte bis zum Jahr 2017. Dadurch solle deutlich werden, so FDP-Fraktionschef Holger Zastrow, „welche Projekte wie uns leisten können – und welche nicht.“

Der persönliche Referent von Finanzbürgermeister Harmut Vorjohann (CDU), Erasmus Wolff, bestätigte auf Anfrage die FDP-Zahlen. Es gebe allerdings zahlreiche „Prognoseunsicherheiten“, vor allem mit Blick auf künftige Tarifabschlüsse, Bevölkerungswachstum und die Finanzpolitik des Landes. Laut Auskunft des Rathauses wird die Finanzlücke ein Gegenstand der Haushaltsberatungen für 2013/14 sein. Eine Neuverschuldung der Stadt sei aber „keine Option.“

Dresdner Neueste Nachrichten, 20. März 2012


Stadthaushalt gerät in starke Schieflage

Von Bettina Klemm

Projekte sind für mindestens 291 Millionen Euro nicht solide finanziert, sagt die FDP-Fraktion. Sie fordert einen Kassensturz.

Dresdens Finanzbürgermeister Hartmut Vorjohann (CDU) warnt vor einer dramatischen Schieflage im Finanzhaushalt der Stadt bis 2015. Dies liege nicht an weniger Einnahmen durch Krisen. Im Gegenteil: Dresden hat derzeit sogar deutlich höhere Steuereinnahmen als geplant. Auch für die nächsten beiden Jahre geht Vorjohann von einem weiteren leichten Anstieg aus. „Die zentrale Ursache der Probleme liegt vor allem darin, dass sich die Landeshauptstadt zu viel auf einmal vorgenommen hat“, schreibt Vorjohann im Finanzierungskonzept für den Kulturpalast.

Die Analyse betrachtet FDP-Fraktionschef Holger Zastrow als Warnsignal. „Wir brauchen dringend einen Kassensturz in Dresden, damit deutlich wird, welche Projekte wir uns leisten können und welche nicht“, sagt er. Nach den aktuell vorliegenden Zahlen drohe aufgrund der notwendigen Investitionen in die Pflichtaufgaben sowie in bereits beschlossene Großprojekte ein Haushaltsloch von mindestens 291Millionen Euro. Zastrow beklagt, dass die Stadträte die vielen einzelnen Projekte und Investitionslöcher immer nur scheibchenweise vorgelegt bekommen. Deshalb sei es kaum möglich, sich einen kompletten Überblick zu verschaffen und eine echte Debatte über Prioritäten zu führen. „Wir dürfen aber nicht immer nur jedes Projekt einzeln betrachten und losgelöst von der Gesamtsituation entscheiden, sondern müssen das Ganze im Blick haben.“

Risiko bei Großprojekten

Für die FDP-Fraktion stehe es außer Frage, dass das Verbot neuer Schulden nicht angetastet werden dürfe. Erst müsse die Stadt ihre Pflichtaufgaben erfüllen. Allein für Schulen und Kitas fehlten nach den Berechnungen des Finanzbürgermeisters zwischen 127 und 198 Millionen Euro. Die FDP-Fraktion geht noch weiter, sie hält Projekte bis zu einem Gesamtwert von bis zu 422 Millionen Euro für unsolide finanziert. Dazu gehören fünf bis elf Millionen Euro für die Schwimmhalle Freiberger Straße, deren Baubeginn für 2013 vorgesehen ist. 89 bis 143 Millionen Euro seien von der Stadt fürs Stadtbahnprogramm der DVB aufzubringen. 70Millionen Euro könnte ein neues Verwaltungszentrum kosten, dessen Bau die Stadt auf Anregung der CDU prüfen muss. Zudem rechne das Rathaus mit Fördermitteln, die es noch nicht in der Tasche hat, wie beispielsweise sieben Millionen Euro für das Kulturkraftwerk. Ein Risiko seien Baupreissteigerungen bei den Großprojekten. Nicht beachtet habe die Stadt auch die wachsende Zahl der unter Dreijährigen, die ab 2013 einen gesetzlichen Anspruch auf einen Kita-Platz haben. Auch das Grundstück am Wiener Platz sei noch nicht verkauft, obwohl fünf Millionen Euro Erlöse bereits in der Kalkulation für das Kulturkraftwerk enthalten sind. Zastrow erinnert zudem an den Sanierungsstau bei Schulen in Höhe von 800 Millionen Euro.

Sächsische Zeitung, 20. März 2012