Aktuelle Berichte
22. März 2012 - 98 Millionen für die Brücke sind verbaut – für Kulturpalast müssen Schulden aufgenommen werden

98 Millionen für die Brücke sind verbaut

Einen Übergabetermin können Bauleitung und Stadt nicht nennen

Von Thomas Baumann-Hartwig

Hans-Joachim Kummert steht vor einem gewaltigen Stahlträger am Ende der Waldschlößchenbrücke auf der Altstädter Seite und blickt in ein Loch. „Dort muss der Träger rein. Das ist der sogenannte Fahrbahnübergang. Deshalb rumpelt es, wenn die Autos darüber fahren.“ Der Stahlträger hat die Aufgabe, witterungsbedingte Bewegungen der Brücke auszugleichen. „Wir haben errechnet, dass sich die Brücke zwischen extremer Kälte und extremer Hitze um bis zu 54 Zentimeter bewegen kann“, so Kummert.

Der Einbau des Stahlträgers erfordert Präzisionsarbeit, weil seine Lage entsprechend der aktuellen Temperatur angepasst werden muss. Präzisionsarbeit müssen übrigens auch die Leitungsbauer verrichten, die Kabel unter der Fahrbahnplatte der Brücke verlegen. Auch sie müssen die Brückenbewegungen mit einrechnen und dürfen die Kabel nicht zu straff ziehen.

Die Fahrbahnplatten der Vorlandbrücke auf Altstädter Seite und des sogenannten Stromfeldes sind inzwischen fertig gegossen, 395 Meter haben die Bauarbeiter betoniert. 241 Meter auf der Neustädter Seite liegen noch vor ihnen, im Moment werden die neun Baufelder für das Betonieren eingeschalt. In 14 Tagen bis drei Wochen, so Kummert, würden die Betonarbeiten beginnen. Wenn sie abgeschlossen sind, könne auch ein Übergabetermin für den Verkehrszug Waldschlößchenbrücke genannt werden.

„Wir werden uns auf keinen Termin festlegen“, sagte Baubürgermeister Jörn Marx (CDU). Dass sich die ursprünglich für Frühjahr dieses Jahres geplante Übergabe auf 2013 verschiebt, scheint nicht ausgeschlossen. „Zu viele Unbekannte“, meint der Bürgermeister. Eine davon sei die Feststellungsklage der Stadt gegen die Auftragnehmergemeinschaft (Arge) für die Brücke, die jede Menge Mehrkosten geltend macht. Sollte die Stadt vor dem Landgericht gewinnen, werde es zügiger beim Brückenbau vorangehen. Eine vom Gericht vorgeschlagene Mediation habe die Stadt abgelehnt. „Wir wollen gerichtlich geklärt wissen, ob wir die von der Arge angesetzten Nachträge bezahlen müssen oder ob unsere Rechtsauffassung stimmt.“

98 Millionen Euro hat die Stadt laut Marx bisher verbaut und liegt damit im geplanten Kostenrahmen von 172 Millionen Euro. Beschleunigungszuschläge an die Arge für schnelleres Betonieren würden nicht gezahlt – auch deshalb sei ein Übergabetermin nicht greifbar. Kummert rechnet damit, dass die Fahrbahn im Sommer asphaltiert werden könnte – und auch das kleine Stück von der Vorlandbrücke zur Fetscherstraße auf der Altstädter Seite.

Der Bauleiter warnt Übermütige davor, die Waldschlößchenbrücke als Abkürzung auf dem Nachhauseweg nutzen zu wollen. Erst in der Nacht zum Montag habe der Sicherheitsdienst einen Mann von der Brücke geholt. „Er hat sich bei uns entschuldigt. Aber das ist kein Scherz. In der Dunkelheit kann man schnell stolpern und abstürzen“, so der Oberbauleiter.

Auch wenn an den Tunneleinfahrten schon die Signalanlagen im Probebetrieb leuchten – der Verkehrszug ist noch im Bau. Wie auch die Grünanlagen rund um die Brücke. Am Hang auf der Neustädter Seite werden unter anderem 72 Felsenbirnen aus Brandenburg gepflanzt. „Herrliche Pflanzen. Im Frühjahr eine schöne Blüte und im Herbst eine kupferrote Färbung“, schwärmt der Oberbauleiter.

Dresdner Neueste Nachrichten, 13. März 2012

www.dnn-online.de

Bilder der Baustelle – dnn-online


Stadt macht Schulden für Kulturpalast

Dresden muss für Stiftungsvermögen bürgen / Landesdirektion: Versteckte Kreditaufnahme

Dresden (DNN/tbh). Der von der Stadt vorgelegte Finanzierungsvorschlag für den Kulturpalast ist zwar genehmigungsfähig, bedeutet aber eine Schuldenaufnahme. Das geht aus einer Antwort der Landesdirektion Sachsen (LS) auf eine DNN-Anfrage hervor.

Stiftungsrechtlich sei es nicht zu beanstanden, wenn Stiftungsvermögen in einer Objektgesellschaft für die Realisierung von Bauvorhaben als stille Beteiligung angelegt wird, sagte LS-Sprecher Ingolf Ulrich am Freitag. Die LS ist die Stiftungsaufsichtsbehörde im Freistaat Sachsen und überwacht die ordnungsgemäße Verwendung der Stiftungsvermögen.

Die Landeshauptstadt plant, das Vermögen der 2009 gegründeten Kreuzchorstiftung und Sozialstiftung Dresden in Höhe von rund 27,2 Millionen Euro für den Umbau des Kulturpalastes zu nutzen. Das so eingesetzte Kapital müsse aber einen angemessenen Ertrag abwerfen, erklärte Ulrich. „Das Vermögen darf nur in Projekten angelegt werden, die Rendite abwerfen.“ Diese Voraussetzung will die Stadt erfüllen. Finanzbürgermeister Hartmut Vorjohann (CDU) hatte angekündigt, dass die Verwaltung den Stiftungen einen Ertrag auszahlen werde, der über dem derzeitigen marktüblichen Zins liegen wird.

Laut Ulrich muss das Stiftungsvermögen unangetastet bleiben. Das Geld muss in der Bilanz der Objektgesellschaft für den Umbau des Kulturpalastes als Fremdkapital ausgewiesen werden. Schließlich muss das Stiftungsvermögen laut dem LS-Sprecher auch noch besichert werden. „Für den Fall, dass mit dem Vorhaben etwas schiefgeht, muss eine Sicherheit vorgelegt werden, in diesem Fall ist das eine Bürgschaft der Stadt.“ Wenn diese Voraussetzungen erfüllt seien, könne die LS den Finanzierungsvorschlag genehmigen.

Sollte die Stadt den Weg gehen, wäre das faktisch der Einstieg in die Neuverschuldung. Der Kulturpalast würde neben Eigenmitteln mit Fremdkapital errichtet werden. Zwar müsste die Stadt keine Zinsen an Banken zahlen, dafür aber an ihre eigenen Stiftungen. Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) hatte bisher stets betont, an der Schuldenfreiheit der Stadt, die mit dem Verkauf der städtischen Wohnungen 2006 erreicht wurde, festhalten zu wollen. Die Stadt steht vor finanziellen Problemen, weil für den Umbau fest eingeplante Fördermittel in Höhe von 35 Millionen Euro, die von der Europäischen Union kommen sollten, nicht fließen.

Der Stadtrat soll am 4. April über den Finanzierungsvorschlag für den Kulturpalast entscheiden. Eine 150-seitige Vorlage dazu liegt den Stadträten jetzt vor. Die SPD und die Linksfraktion haben das Konzept bereits als unsolide und abenteuerlich bezeichnet.

Dresdner Neueste Nachrichten, 17. März 2012