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29. Juli 2010 - Brückenbauer geraten in Zeitnot

Anfang 2011 soll das Mittelteil der Waldschlößchenbrücke über die Elbe schwimmen. Kommt die Genehmigung dafür nicht bald, kippt der Zeitplan. Am Neustädter Elbufer sind schon alle großen Stahlträger der 217 Meter langen Brücke montiert.
Zwar geht der Bau der Waldschlößchenbrücke und der Zu- und Ausfahrtstunnel am Neustädter Ufer flott voran. Doch beim Herzstück des umstrittenen Vorhabens, dem 1800Tonnen schweren stählernen Mittelteil, kommen die Brückenbauer nicht so recht weiter. Denn dafür ist ein aufwendigeres Verfahren nötig als einst vorgesehen. Deshalb ist bereits der Zeitplan gekippt. Gibt es weitere Probleme, könnte sogar die nun für Ende 2011 anvisierte Übergabe ins Wanken geraten.

Das Rathaus: Hoffnung auf nachträgliche Genehmigung

Ursprünglich war geplant, dass der Koloss schon in diesem Frühjahr über die Elbe schwimmt. Doch daraus wurde nichts. Das Rathaus hatte schlicht und einfach versäumt, die Genehmigung für die vorbereitenden Arbeiten einzuholen. Schließlich muss auf rund 12000Quadratmetern der geschützte Elbgrund abgebaggert werden. Das war der Grünen Liga aufgefallen, die erfolgreich ihr Veto eingelegt hatte. Das Rathaus versucht nun, nachträglich dafür die Genehmigung zu erhalten, und hat einen entsprechenden Antrag fürs Abbaggern der Fläche gestellt.

Die Ob: Verantwortliche werden nicht genannt

Die Grünen-Stadträtin Ulrike Hinz hatte bei Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) kürzlich nachgehakt, wer denn beim Genehmigungsverfahren versäumt hat, die schweren Eingriffe im Schutzgebiet zu beantragen. Die so gestellte Frage könne sie nicht beantworten, reagierte die Rathauschefin lapidar.

Das wertet Hinz als „Frechheit“. „Wie kann ein Amt so einen wichtigen Vorgang einfach vergessen?“, fragt sie. Die Stadt sollte zumindest den Fehler öffentlich einräumen.

Die Landesdirektion: Bis September fällt Entscheidung

Die geänderten Pläne hatten einen Monat lang öffentlich ausgelegen. Sechs Einsprüche sind eingegangen. Einer von der Grünen Liga Sachsen, fünf von Privatleuten, teilt Sprecherin Christa Krätzer von der Landesdirektion mit. Die Einspruchsfrist endet jedoch erst am  4. August. Ihre Behörde prüft dann, ob der Antrag genehmigt oder abgelehnt wird. „Wir gehen davon aus, dass die Entscheidung bis Anfang September fällt“, sagt sie.

Auf einen positiven Bescheid zu diesem Zeitpunkt hofft auch Baubürgermeister Jörn Marx (CDU). Würde die Entscheidung später fallen, könnte es erhebliche Probleme geben, den geplanten Endtermin zu halten, räumt er ein.

Die Grüne Liga: Notfalls soll Richter den Bau stoppen

Die Grüne Liga lehnt den Plan strikt ab, zusätzliche geschützte Flächen für den Brückenbau in Beschlag zu nehmen. Auf den zum Abbaggern vorgesehenen 12000Quadratmetern würden viele charakteristische Tier- und Pflanzenarten in Mitleidenschaft gezogen, argumentiert Liga-Anwalt Prof. Martin Gellermann. Sollte die Landesdirektion den Eingriff genehmigen, wollen die Umweltaktivisten vor Gericht einen Baustopp erreichen.

OB Orosz hatte auf die Anfrage der Grünen hingegen versichert, dass die Belange von Flora und Fauna bei den Arbeiten berücksichtigt werden.

Der Bauchef: Freude über schnellen Brückenbau am Ufer

Baubürgermeister Marx macht indes Druck, dass zumindest die Arbeiten am Elbufer schnell vorangehen. Um den Zeitverlust zu kompensieren, hatte die Montage der 217Meter langen Brücke zwischen Neustädter Ufer und Tunnelportal, früher als geplant, schon Anfang dieses Jahres begonnen.

Am vergangenen Freitag stand er stolz daneben, als der letzte Längsträger vom Kran eingehoben wurde. Die Stahlmontage soll dort im
August beendet sein. Mit dem Aufstellen des ersten Stahlpfeilers, einer sogenannten V-Stütze, beginnt in dieser Woche auch der Stahlbau am Johannstädter Ufer. „Ursprünglich sollte zuerst das Mittelteil über die Elbe schwimmen und danach die Brückenteile an Land gebaut werden“, erläutert Marx.

Auch der Tunnelbau geht zügig voran. Im Januar sollen die Rohbauten aller Betonröhren stehen. „Ich finde es optimal, wie alles läuft“, so der Baubürgermeister. Nun hoffe er nur noch darauf, dass spätestens im März 2011 das Mittelteil über die Elbe schwimmt.

Von Peter Hilbert (Sächsische Zeitung, 28. Juli 2010)

Bild der derzeitigen Baustelle