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21. Juli 2010 - Das Erzgebirge als Weltkulturerbe

Das Erzgebirge will den Kulturerbe-Titel. Doch das Schutzgebot der Unesco birgt auch eine Gefahr für die wirtschaftliche Weiterentwicklung der Region, so die Gegner des Projekts. „artour“ hat Gegner und Befürworter befragt.

Blick auf das Museum Frohnauer Hammer bei Annaberg-Buchholz

Sachsen und die Unesco – das gab zuletzt viel Aufregung. Vor gut einem Jahr verlor das Elbtal seinen Kulturerbe-Titel, weil sich die Dresdner nicht vom Projekt ihrer Waldschlösschen-Brücke verabschieden mochten. Jetzt geht es wieder um einen Welterbetitel – aber einen, den man erst noch gewinnen will: Das Erzgebirge, das mit seiner Montanindustrie-Geschichte einmalig ist.

Gute Prognosen

Schon 1998 – seinerzeit unter Ministerpräsident Kurt Biedenkopf – wurde der Anstoß zur Bewerbung gegeben. Mit Elbtal und Erzgebirge wollte man Sachsen mit zwei Kulturerbe-Titeln krönen. Beim Elbtal ging dies schnell – dafür auch ganz schnell wieder vorbei. Die Montanregion Erzgebirge hingegen ist als überregionale Industrielandschaft deutlich komplexer – die Bewerbung dauert länger. Mittlerweile aber wird länderübergreifend an der Bewerbung gearbeitet – das benachbarte Tschechien sitzt mit im Boot. Studien und Prognosen für das Unternehmen „Weltkulturerbe Erzgebirge“ sind vielversprechend, 2013 soll die Bewerbung eingereicht werden. Doch nun das: Nachdem Mitte Juni Sachsens zuständiger Innenminister Markus Ulbig bei einer Regionalkonferenz erstmals die Unterstützung der Landesregierung in Aussicht gestellt hatte, wurde er vom Landesvater Tillich abgebremst: Ulbig sei übers Ziel hinausgeschossen. Der Meinungsbildungsprozess in der Staatsregierung sei noch längst nicht abgeschlossen.

Argumente der Gegner

Die größte Gefahr, die ein Weltkulturerbe-Titel mit sich bringt, bestehe darin, dass durch das Schutzgebot der Unesco eine wirtschaftliche Weiterentwicklung des betroffenen Gebietes unterbunden wird – siehe Waldschlösschenbrücke! Der Titel bringe also wenig, maximal viel Ärger. So argumentieren die seit dem Dresden-Debakel lauter werdenden Gegner des Bewerbungsprojekts, allen voran der sächsische CDU-Fraktionschef Steffen Flath. Befürworter halten dem entgegen, dass nicht die gesamte Region sondern nur einzelne Kommunen und besondere Kostbarkeiten des Erzgebirges unter Schutz gestellt würden. Dies täte nicht nur den 34 ausgesuchten Objekten gut, es würde überdies auch den noch mangelhaften internationalen Tourismus in der Region ankurbeln.

Ist die Idee Weltkulturerbe in Sachsen tot? Ist das Elbtal-Trauma noch nicht überwunden? Sind der Titel und eine wirtschaftliche Weiterentwicklung wirklich unvereinbar? „artour“ hat beide Seiten befragt: Projekt-Gegner Steffen Flath und Professor Helmuth Albrecht von der Technischen Universität Freiberg, der seit elf Jahren die Bewerbung des Erzgebirges vorantreibt.

Video zum Beitrag auf www.mdr.de

(MDR artour, 15. Juli 2010)