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5. Juni 2012 - FDP will neuen Eigenbetrieb für besseres Bauen |
Bis 2015 rollt Investitionswelle von über 600 Millionen Euro auf Stadt zu/Ex-Bauaufsichtschef gibt FDP Schützenhilfe Organisiert wie die Krankenhäuser oder der Kita-Bereich fordert die FDP-Fraktion im Dresdner Stadtrat auch für ein besseres und schnelleres Bauen eine neue Stadtfirma. „Die Stadt kann sich keine weiteren Verzögerungen und Kostenexplosionen bei Kita-, Schul-, Sport- und Kultur-Bauprojekten leisten“, legt Fraktionschef Holger Zastrow den Finger in die Wunde. Das bisherige System in der Stadt sei störanfällig, ineffizient, langsam und viel zu bürokratisch, wettert der Liberale. Hintergrund des FDP-Vorschlags sind die massiven Kostensteigerungen und Bauverzögerungen bei Baumaßnahmen am Vitzthum- und Romain-Rolland-Gymnasium, aber auch bei der Schwimmhalle Freiberger Straße, Rathaussanierung und Reparatur des Eissporthallendaches im Ostragehege. Und: Die Stadt steht vor einem Riesenberg von Projekten. Allein das Kulturkraftwerk Mitte und die Sanierung und der innere Umbau des Kulturpalastes verschlingen rund 170 Millionen Euro. Dazu kommen weitere Investitionen in Kitas, Straßen, neue Straßenbahnlinien und die neue Schwimmhalle am Freiberger Platz. „Alles zusammen summiert sich das städtische Investitionsvolumen in reine Baumaßnahmen in den kommenden Jahren bis 2015 auf über 600 Millionen Euro“, heißt es in einer FDP-Mitteilung. Die Lösung der FDP für die Bauprobleme der Stadt Dresden heißt Umbau der Behörden. Die aktuellen Verwaltungsstrukturen sollen in einen Eigenbetrieb Bau und Liegenschaften zusammengeführt werden, schlägt Zastrow vor. Außerdem bedürfe es eines umfassenden Kostenkontrollsystems. Für diese Veränderungen brauche die Stadt auch dringend den Rat von externen Sachverständigen. „Denn ein weiter so wie bisher können wir uns nicht mehr leisten“, drängt der FDP-Chef. Unverhofft Schützenhilfe erhält die FDP vom früheren Leiter des Bauaufsichtsamtes Gernot Nieschler. Jeder Bürgermeister plane das Bauen in seinem Bereich selbst, der Baubürgermeister sei lahm gelegt, diagnostiziert Nieschler. Der Strukturplan der Verwaltung weiche ab vom Rahmenstrukturplan des Bundes, die Ämter und Dienststellen seien unterschiedlich zugeordnet. Zum Beispiel habe sich der Finanzbürgermeister das Hochbauamt an Land gezogen und könne damit alles, was richtig Geld koste, nach seinem Belieben steuern. Als Beispiele für eine verfehlte Planung mitsamt Bau nannte Nieschler die Eissport- und Ballspielhalle und die Waldschlößchenbrücke. Ein Fehler sei auch, nach den geringsten Kosten zu planen statt nach der größten Effektivität. Die Stadt wiederum sieht eine der Ursachen für viele Zeitverzögerungen beim Bauen im Dresdner Stadtrat. „Politische Entscheidungen im Dresdner Stadtrat dauern ungewöhnlich lange“, sagt Finanzbürgermeister Hartmut Vorjohann (CDU). Ansonsten seien die Ursachen für eine zeitverzögerte Umsetzung von Investitionsvorhaben sehr unterschiedlich. Ralf Redemund Dresdner Neueste Nachrichten, 5. Juni 2012 |
5. Juni 2012 - PNN-INTERVIEW: „Schöner ist, wenn Gärten frei zugänglich sind“ |
Herr Hirche, in den 1990er Jahren lag Potsdam im Clinch mit der Unesco. Wegen der Bahnhofspassagen und der Bebauung des Glienicker Horns drohte die UN-Organisation, das Potsdamer Welterbe auf die Rote Liste der gefährdeten Welterbestätten zu setzen. Hat die Stadt aus diesem Konflikt gelernt? Potsdam hat sich seitdem auf den notwendigen Dialog eingelassen. Im Unterschied zu Dresden mit seiner Waldschlösschenbrücke wurden in Potsdam Lösungen gefunden, sowohl am Bahnhof als auch am Glienicker Horn. Hat man hier nicht einfach im Nachhinein Bausünden akzeptiert und der Stadt das Versprechen abgenommen, es beim nächsten Mal besser zu machen? Nachträglich ist es natürlich immer schwierig, ein Optimum zu finden, aber angesichts von Tatsachen, die nun einmal geschaffen waren, denke ich, können alle Seiten einigermaßen mit der Situation leben – manche sicher nur mit Magenknurren. Eines ist aber auch wichtig: Welterbe darf nicht bedeuten, dass eine Stadt als Museum erstarrt, wo keiner mehr hingeht, keiner sich wohlfühlt. Die Entwicklung der modernen Zeit muss verarbeitet werden. Zu den Plänen um die Matrosenstation Kongsnaes an der Schwanenallee am Ufer des Jungfernsees äußerten Sie im Herbst vergangenen Jahres, für Sie persönlich seien alle Sorgen ausgeräumt. Die Diskussionen um die Matrosenstation an der Schwanenallee gehen möglicherweise immer noch weiter – da kenne ich nicht den letzten Stand. Ich denke, dass man in Potsdam ein Diskussionsklima gefunden hat, in dem sich Konflikte lösen lassen. Was den befürchteten Lärm in der Schwanenallee angeht, so ist das allerdings kein Thema, das die Unesco zu bewerten hätte. Zum Küchenanbau für die Ventehalle der Matrosenstation, die nach historischem Vorbild wiedererrichtet werden soll, meinten Sie vor einigen Monaten, das sei ein „gesonderter Diskussionspunkt“. Ein Anwohner sprach gar von einem „Küchenbunker“. Es fallen in solchen Diskussionen natürlich immer Vokabeln auf der einen oder anderen Seite, die ein Stückchen Verzerrung in sich haben. Bei Bunker denke ich an Krieg. Solche Vokabeln sollte man nicht verwenden. Aber wenn die Außenansicht des geplanten Baus verbessert werden kann und sich am Ende alles noch harmonischer in die Landschaft fügt, dann sollte man daran arbeiten. Aber ich habe den Eindruck, dass die Stadt Potsdam sich da durchaus bemüht. Also wird alles gut mit Kongsnaes? Das Wichtige ist – und deswegen bedauere ich so, dass wir in Dresden nicht so weit gekommen sind – dass man diskussionsbereit bleibt. Auch in Paris beim Welterbezentrum wird sich niemand gegen Veränderungen an sich sperren, aber gegen Unverhältnismäßigkeit und dagegen, dass Welterbe in seinem Charakter negativ berührt wird. Derzeit diskutiert man in Potsdam über den Parkeintritt für Sanssouci. Es gibt mittlerweile einen Beschluss des Stiftungsrats dafür. Wie stehen Sie dazu? Also das ist eine Entscheidung, die man vor Ort treffen muss. Dazu gibt es keine generelle Regel seitens der Unesco. Ich denke, wenn das Geld wirklich nur zur Pflege des Parks eingesetzt wird und man gleichzeitig eine soziale Lösung für Familien findet und auch Fremde nicht mit den Preisen abschreckt, dann kann man im Einzelfall damit leben. Ich würde raten, nach einem Jahr Bilanz zu ziehen. Dann wird man sehen, was man davon hat. Schöner ist, wenn Gärten frei zugänglich sind. Das Interview führte Holger Catenhusen Walter Hirche, 71, ist seit 2003 Präsident der Deutschen Unesco-Kommission. Von 1990 bis 1994, im Stolpe-Kabinett, war Hirche Brandenburgs Wirtschaftsminister. Potsdamer Neueste Nachrichten, 4. Juni 2012 |
4. Juni 2012 - Welterbe verpflichtet |
Potsdam ist die Gastgeberstadt für die zentrale Bundesveranstaltung zum Unesco-Welterbetag Potsdam ist die Gastgeberstadt für die zentrale Bundesveranstaltung zum Unesco-Welterbetag {Text} Gefeiert wird mit einem Konzert, das von Nikolaus Bernau moderiert wird. Mit dem Kunstwissenschaftler und Journalisten sprach Frank Kallensee. MAZ: Herr Bernau, der Fall Waldschlösschenbrücke in Dresden hat den Verdacht nahegelegt, dass 2009 der deutsche „Musterschüler“ mit der Aberkennung des Welterbe-Titels bestraft wurde, während die Italiener Pompeji verrotten lassen können. Was ist das Label „Welterbe“ heute eigentlich noch wert? Nikolaus Bernau: Vorsicht. Hier heißt es, scharf zu unterscheiden. Der „deutsche Musterschüler“, sprich: die Bundesrepublik, hat die Auflagen der Welterbe-Kommission nicht ernstgenommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel meinte damals, dass es sich um ein regionales Problem handele, das vom Land Sachsen gelöst werden müsse. Welterbe-Verträge sind nun aber internationale Abkommen, werden also mit der Bundesrepublik geschlossen. Die Bundesländer sind immer nur Sachwalter ihres jeweiligen Welterbes. In Italien ist das anders? Bernau: Ich will den Verfall in Pompeji und Herkulaneum nicht beschönigen, aber dort bemühen sich zumindest die Behörden, obwohl das Geld fehlt. Hinzu kommt, dass sich kein anderes Land um mehr Kulturerbe zu kümmern hat. Das ist mit Deutschland nicht vergleichbar. Deutscher politischer Ignoranz wegen wurde Dresden zu Recht von der Welterbe-Liste genommen. Pompeji droht die Rote Liste, aber vor allem, weil die Aufgabe kaum zu bewältigen ist. Hatte der Fall Dresden Folgen für den Welterbe-Gedanken? Bernau: Durchaus. Die ursprüngliche Idee von 1972 war ja, Objekte von allgemeinem Belang in eine Liste aufzunehmen, damit sie für die Allgemeinheit erhalten bleiben. Inzwischen sind 936 Denkmäler in 153 Ländern Welterbe. Auffällig ist allerdings der Vorrang Europas. Für Objekte in ärmeren Ländern ist aber der gleiche Pflegeaufwand nötig wie für die hiesigen. Denken Sie an die gegenwärtigen Schwierigkeiten Malis, die Moscheen, Mausoleen und Friedhöfe von Timbuktu vor den Angriffen fundamentalistischer Islamisten zu bewahren. Das ist großartige Lehmbauarchitektur, große Kunst, große Kulturgeschichte. Wie soll solch ein Land ermutigt werden, sein Erbe zu retten, gar Militär dafür einzusetzen, wenn die reichen Deutschen nicht in der Lage sind, eine einmalige Stadtansicht zu erhalten? Der Fall Dresden war eine Katastrophe: Welterbe wurde ohne Not beschädigt, denn die Verkehrsflüsse haben sich längst geregelt. Hinzu kommt noch erschwerend, dass die Waldschlösschenbrücke unglaublich hässlich ist. Und was bedeutete der Titel-Verlust für den Tourismus? Bernau: Fest steht, es gab in Dresden einen Quoteneinbruch. Der ist zum einen der Finanzkrise geschuldet, aber es ist jetzt eben auch in jedem Reiseführer zu lesen, was 2009 geschah. Ein Verzicht auf den Welterbe-Titel sollte demnach gut überlegt sein. Er könnte ziemlich teuer werden. Apropos, „Klimaveränderung“: Nicht Vandalen, sondern Potsdamer Bürger waren es, die 2007 ihrem Unwillen über die Parkordnung der Schlösserstiftung Luft machten und sich dabei nicht sonderlich um den Welterbe-Status scherten. Ist die Zeit, in der Denkmalpfleger allein mit der Schönheit der ihnen anvertrauten Kulturgüter argumentieren konnten, vorbei? Bernau: Schönheit ist kein Kriterium. Über Schönheit können wir streiten. Für Schönheit gibt es keine fixen Standards und die, die es gibt, ändern sich alle 20 Jahre fundamental. Denkmalpflege sollte deshalb immer mit der historischen Bedeutung, Qualität und Aussagefähigkeit argumentieren. Sicher kann ich sagen: Ich verbrauche alles. In Potsdam würde damit die Arbeit von zwei Jahrhunderten Denkmalpflege zunichte gemacht, in Pompeji wären es 300 Jahre Ausgrabungsgeschichte. Die moralische und historische Frage ist jedoch: Haben wir das Recht, das Erbe unserer Erben zu verprassen? Ohne Denkmalpflege würden wir etwas verbrauchen, das wir nicht geschaffen, sondern nur übernommen haben. Und vielleicht wollen ja auch kommende Generationen noch etwas von diesem Erbe haben. Kein Verständnis für jene, die im Heiligen See in Potsdams Neuem Garten baden? Bernau: Der Neue Garten ist das große Erbe Friedrich Wilhelms II., den die preußenfreundliche Geschichtsschreibung bekanntlich als Versager denunziert hat. Tatsächlich war dieser König für die Entwicklung der Künste in Brandenburg und Berlin in weiten Bereichen bedeutsamer als Friedrich der Große. Er führte eine kulturelle Provinz… …in moderne Zeiten? Bernau: Was Friedrich der Große nach seinem Tod 1786 hinterließ, war verglichen mit dem, was in Stockholm, London, Warschau, Paris und selbst im kleinen Wörlitz geschah, steinkonservativ. 1798, als Friedrich Wilhelm II. starb, war das ganz anders. Berlin war zum Zentrum der deutschen Aufklärung geworden. Nun kann heute jeder sagen, weil der Gartenteich im Neuen Garten ein See ist, will ich dort baden, denn Baden ist mein Recht. Ist es das? Wer da badet, beteiligt sich an der Zerstörung eines Erbes. Ich finde, dass hier alle Schutzinstrumente anzuwenden sind, und halte die Parkordnung für völlig gerechtfertigt. Anders scheint ja nicht begreiflich zu werden, dass es hier etwas zu bewahren gilt, das eben Welterbe und nicht nur Erbe der Berliner Vorstadt ist. Offensichtlich hat die Denkmalpflege ein Kommunikationsproblem. Bernau: Das liegt in der Natur der Sache. Denkmalpflege ist immer ein Eingriff in unsere Nutzergewohnheiten, in unsere Eigentumsrechte. Von Georg Dehio, dem Vater der deutschen Denkmalpflege, stammt der Satz: Denkmalpflege ist ein Stück Sozialismus. Wenn ein Haus unter Schutz gestellt wird… Bernau: …ist dem Eigentümer das Recht genommen, damit zu machen, was er will. Das zu vermitteln, ist verdammt schwer. Andererseits werden Denkmalschutzgesetze novelliert. Bernau: In Schleswig-Holstein zum Beispiel, Niedersachsen und demnächst in Berlin. Dort können Sie auch deutlich sehen, was die Konsequenzen sind. Abbruchgenehmigungen werden unglaublich schnell erteilt, komplette Denkmalstrukturen verschwinden. Manchmal sind sogar Kulturinstitutionen Komplizen: Bis auf zwei Säle in der Staatsbibliothek hat die Berliner Stiftung Preußischer Kulturbesitz binnen 20 Jahren ihr gesamtes bauliches DDR-Erbe abgeräumt. Schriebe jemand deutsche Geschichte am Beispiel der Architektur der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, könnte er zu dem Ergebnis kommen, dass es eine DDR nie gegeben hat. Insofern ist das Konzert am Welterbe-Tag ein Plädoyer gegen das fahrlässige Zerstören? Bernau: Zunächst wird es ein Parcours durch das musikalische Welterbe Potsdams. Zwar gehört keine der Partituren zum Weltdokumentenerbe, aber Mendelssohns „Sommernachtstraum“, der 1843 im Schlosstheater des Neuen Palais uraufgeführt wurde, kann getrost als Welterbe bezeichnet werden. Diese Musik ist womöglich bekannter als Potsdam selbst. Stücke wie dieses werden zu hören sein. Auch wenn ich mir noch Weiterungen hätte denken können … Welche? Bernau: Ein Stück von Prinz Louis Ferdinand. Der, bevor er 1806 in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt fiel, als Komponist wirklich etwas taugte. Anders als Friedrich der Große, an dessen Musik wir keine Minute verschwenden würden, hätte sie nicht Friedrich der Große geschrieben. Freilich ist von Louis Ferdinand nur Kammermusik überliefert und die passt nicht gut ins Festkonzert-Format. Was passt denn hinein? Bernau: Wer auf die Habsburger, Bourbonen oder Wettiner schaut, wird das Haus Hohenzollern nicht sonderlich kultiviert nennen. Gleichwohl ist ihm ein Faible für Architektur und Musik zu bescheinigen. Sogar Friedrich Wilhelm I., der als Banause so ziemlich alles unterbot, was seine Zeitgenossen für banausisch hielten, schätzte die Musik. Er hat sich etwa Werke von Händel für Jagdhorn-Ensembles arrangieren lassen. Darum wird die Kammerakademie Potsdam das Konzert mit der „Wassermusik“ eröffnen. Generell schienen die Hohenzollern eine Art heitere Moderne zu bevorzugen: Der ernste Thomaskantor Bach konnte in Preußen nicht reüssieren. Im Programm ist aber das A-Dur-Cellokonzert seines Sohnes Carl Philipp Emanuel Bach zu hören, den Friedrich der Große als Hofcembalisten engagiert hatte. Auch Mozart mochte im Potsdam Friedrich Wilhelms II. nicht recht warm werden. Der König bevorzugte den Cellisten Jean-Louis Duport, von dem darum ebenfalls etwas zu hören sein wird. Kurzum, die Hohenzollern wollten’s nicht komplex, dafür aber strahlend und glänzend. Nikolaus Bernau Welterbeklänge * Geboren 1964 in Bonn, studierte Nikolaus Bernau Architektur und Kunstwissenschaften an der Technischen Universität und der Hochschule der Künste in Berlin. * Seit 2000 arbeitet Bernau als Journalist. 2003 wurde er in den Berliner Landesdenkmalrat berufen. 2011 erhielt er die „Silberne Halbkugel“ des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz. * Das Festkonzert in Potsdam ist die zentrale Veranstaltung des Bundes zum Unesco-Welterbetag. Die von Christoph Altstaedt geleitete Kammerakademie Potsdam wird Werke von Händel, Mendelssohn Bartholdy, C. Ph. E. Bach, Duport und Näther spielen. Solist ist Maximilian Hornung (Cello). * info Festkonzert „Potsdamer Welterbeklänge“ am 2. Juni, 19 Uhr. Nikolaisaal, Wilhelm-Staab-Str. 10-11, Potsdam. Karten unter Tel. 0331/2888828. Märkische Allgemeine, 31. Mai 2012 |
4. Juni 2012 - Erst die Brücke, dann die Zufahrten |
Ausbau der Fetscherstraße startet frühstens 2016 Egal, ob die Waldschlößchenbrücke nun dieses oder erst nächstes Jahr fertig wird: Die dadurch entstehenden neuen Verkehrsströme werden sich auf der Altstädter Seite auf Jahre über marode Straßen ergießen. Denn die Hauptverkehrsader Fetscherstraße, die neben dem Käthe-Kollwitz-Ufer die Hauptlast des Altstädter Verkehrs von der und zur neuen Elbquerung tragen wird, kann frühstens ab 2016 ausgebaut werden – „wenn denn dafür Geld im Haushalt eingestellt wird“, wie es Peter Tatzel vom Stadtplanungsamt formulierte. Von Heiko Weckbrodt Rund 15,4 Millionen Euro dürfte die Ertüchtigung der Fetscherstraße zwischen Blasewitzer Straße und Großem Garten samt Zufahrtsknoten kosten. Da sind aber die in Dresden fast schon obligaten Kostenexplosionen größerer Bauprojekte gar nicht eingerechnet. Und bisher stehen erst die Vorplanungen. Bislang habe man sich im Planungsamt auf Geheiß der Stadtspitze stärker auf andere Vorhaben konzentriert, erklärte Tatzel den etwas verdutzten Blasewitzer Ortsbeiräten. Denn die fragten sich und ihn bei der Projektpräsentation verwundert: Wie kann es sein, dass jahrelang an der und um die Waldschlößchenbrücke gestritten und gebaut wird, die Stauffenbergallee samt Tunnelzufahrten seit Jahren ertüchtigt wird, aber auf der Altstädter Seite gerade mal die Abfahrten bis zur „Blasewitzer“ fertig sein werden, wenn die Brücke im Herbst 2012 oder Frühjahr 2013 freigegeben wird? Planungen zum Beispiel für die Sanierung der Achse Schandauer und Wehlener Straße hätten eben viele Kapazitäten gebunden, antwortete Tatzel. Ausbau an „Wormser“ abgelehnt Laut Verkehrsprognosen werden über die neue Brücke bis zu 44 000 Fahrzeuge pro Tag rollen. Einen Teil davon fängt das Käthe-Kollwitz-Ufer ab. Aber immerhin bis zu 20 000 Autos und Laster pro Tag sagt die Prognose südlich der „Blasewitzer“ auf der Fetscherstraße voraus. Noch unwägbar ist, über welche Querstraßen sich dann die Autos – außer auf der Hauptachse Borsberg- und Striesener Straße – ihren Weg durch Striesen und die Johannstadt bahnen. Die Stadtplaner tippen vor allem auf die Wormser Straße, die sie daher von einer Einbahn- in eine Durchfahrtsstraße wandeln und die Kreuzung zur Fetscherstraße ausbauen wollen. Dies lehnte der Ortsbeirat mit großer Mehrheit ab – hier hat aber der Stadtrat das letzte Wort. Kleiner Park am Comeniusplatz Ansonsten vermochte das Vorkonzept der Stadtplaner als kleinster gemeinsamer Nenner zu überzeugen. Das sieht vor, die Fetscherstraße im Grundsatz vierspurig zu belassen und nur leicht zu verbreitern, den maroden Straßenbelag aber größtenteils grundhaft zu erneuern. Die beiden Innenspuren sollen sich Straßenbahn und Autos teilen – letztere aber nur zum Überholen und Linksabbiegen. Für die Pedalritter sind separate Radwege vorgesehen – bis hin zu einer eigenen Linienführung zum Großen Garten, in deren Zuge der Comeniusplatz einen eigenen kleinen Park mit Radweg erhalten soll. 189 Parkplätze fallen weg Um die Baumallee an der Fetscherstraße möglichst zu schonen (derzeit stehen im Vorplan drei größere und ein paar kleinere Bäume auf der Fällliste) – und doch auf die geplanten Fahrbahn-, Gleis- und Radwegbreiten zu kommen, fallen unterm Strich 189 Parkplätze weg – dies wollen die Planer aber durch neue Parkregelungen in den Nebenstraßen nahezu kompensieren. Fetscherplatz-Tunnel verworfen Damit angesichts der stärkeren Verkehrsströme der Pkw-Verkehr nicht völlig in die Knie geht, werden die Grün-Vorrangschaltungen für die Straßenbahn etwas reduziert. In diesem Zusammenhang bereits realisiert ist das Linksabbiegeverbot am Fetscherplatz (vom Großen Garten kommend gen Innenstadt). Auch einen Tunnel am Fetscherplatz haben die Stadtplaner zeitweise geprüft – dann aber wegen der hohen Kosten – etwa 26 Millionen Euro – sowie der notwendigen Umbauten des gesamten Straßennetzes ringsum verworfen. Dresdner Neueste Nachrichten, 1. Juni 2012 |
30. Mai 2012 - Revision im Prozess Waldschlößchenbrücke |
Mit dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15.12.2011, mit dem die Berufung der GRÜNEN LIGA gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden zurückgewiesen wurde, hat der Streit um die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses für den Bau des Verkehrszuges der Waldschlößchenbrücke seinen vorläufigen Höhepunkt, aber noch nicht seinen Abschluss gefunden. OVG Urteil vom 15. Dezember 2011 mit Entscheidungsbegründung (PDF mit 224 Seiten) |
30. Mai 2012 - Es hapert beim europäischen Artenschutz |
Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie – heute vor 20 Jahren von der EU erlassen – ist ein Wegweiser für den Artenschutz. Doch sie wird nicht ausreichend umgesetzt, wie eine Studie des Nabu zeigt. Allein in fünf Jahren wurde in Niedersachsen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz mehr als ein Drittel der Grünlandflächen in den FFH-Gebieten zerstört Von Marlene Weiss An diesem Montag ist es genau 20 Jahre her, dass der Rat der Europäischen Union [1] die sogenannte Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie [2] erlassen hat. Diese Naturschutzrichtlinie ist wegweisend für den europäischen Artenschutz. Zusammen mit der Vogelschutz-Richtlinie [3] von 1979 hat die FFH-Richtlinie ein Netzwerk von Artenschutzgebieten geschaffen, das „Natura 2000“ [4] heißt. Bis heute basiert der Artenschutz in der EU auf diesen beiden Richtlinien – allerdings hapert es bei ihrer Umsetzung. Das zeigen auch erste Ergebnisse einer laufenden Studie, die der Naturschutzbund Nabu [5] am Montag zum Jubiläum vorstellt [6]. Demnach wurde binnen fünf Jahren in Niedersachsen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz mehr als ein Drittel der Grünlandflächen in den beobachteten FFH-Gebieten zerstört. Kürzlich veröffentlichte Greenpeace Luftbilder [7] von Natura-2000-geschützten Buchenwäldern im bayerischen Spessart, wo intensive Forstwirtschaft betrieben werde. Im jüngsten EU-Bericht wurde denn auch nur 17 Prozent der FFH-Gebiete ein „günstiger“ Zustand zugeschrieben. Naturschutzverbände glauben, dass sich die Lage nur bessern wird, wenn bei den Verhandlungen um den EU-Haushalt von 2014 bis 2020 mehr Geld für das Netzwerk herausspringt. Dabei klang 1992 alles so einfach: Alle EU-Staaten sollten innerhalb von drei Jahren für mehr als 1000 schutzbedürftige Tier- und Pflanzenarten eine Liste der wichtigen Lebensräume abgeben – beruhend auf Artenschutz-Kriterien, unabhängig zum Beispiel von geplanten Autobahnen. Die Kommission sollte die Liste ergänzen. Die Mitgliedstaaten hätten für die Erhaltung der Lebensräume sorgen sollen, etwa durch Beschränkung der Nutzung oder bei Bauprojekten. Doch die Umsetzung des Plans gestaltete sich schwierig. Erst Ende 1996 stellte Brüssel das Formular fertig, in das die Mitgliedstaaten die Gebiete eintragen sollten. Danach benötigten manche Staaten Jahre, um eine akzeptable Liste einzureichen. Deutschland etwa gelang das erst 1998 – auch deshalb, weil die Länder zuständig sind. Im Jahr 2001 stellte der Europäische Gerichtshof fest, dass die Bundesrepublik damit ebenso wie Frankreich und Irland ihre Verpflichtungen verletzt habe. Fünf Jahre später rügte das Gericht Deutschland erneut; diesmal wegen mangelnder Umsetzung der Richtlinie im Naturschutzgesetz. Ausweisung der Gebiete erst heute einigermaßen abgeschlossen Erst heute, 20 Jahre später, ist die Ausweisung der Gebiete einigermaßen abgeschlossen. 9,3 Prozent der deutschen Landfläche sind FFH-Gebiete, zusammen mit den Vogelschutz-Gebieten gehören 15 Prozent der Landfläche zum Netzwerk Natura 2000. EU-weit sind es 14 beziehungsweise 18 Prozent der Flächen. Dass es so lange gedauert hat, lag in Deutschland laut Nabu-Artenschutzexperte Konstantin Kreiser auch an Lobbyarbeit und gezielter Fehlinformation der Landwirte. „Es wurde teilweise bewusst Widerstand gesät“, sagt er – obwohl die FFH-Ausweisung ja keine Enteignung sei. Die Landwirte sollten für entgangene Einkünfte entschädigt werden. Aber dabei hakt es, wie auch bei Kontrolle und Pflege der Gebiete. „Das ist ein Riesenproblem“, sagt Kreiser. „Wenn Entschädigungen für Landwirte und das Management des Gebiets nicht gesichert sind, gibt es keine Akzeptanz.“ Viele Gebiete gingen vor die Hunde, man müsste die Erhaltung überwachen. Trotz allem sieht Kreiser Grund zum Feiern: Die FFH- und Vogelschutz-Richtlinien seien visionär. Bis heute bildeten sie ein modernes, flexibles Naturschutzkonzept. Der Nabu fordert, mit dem neuen EU-Haushaltsplan von 2014 an drei Viertel der Natura-2000-Kosten durch EU-Geld zu decken. Die EU-Kommission schätzt diese Kosten auf 5,8 Milliarden Euro im Jahr. Derzeit steht in Brüssel weniger als ein Fünftel davon zur Verfügung, und das Geld wird nicht einmal komplett abgerufen. Den volkswirtschaftlichen Nutzen dagegen schätzt die Kommission auf bis zu 300 Milliarden Euro jährlich – zum Beispiel wegen des Klima- und Hochwasserschutzes sowie für den Tourismus. Süddeutsche Zeitung, 21. Mai 2012 |
30. Mai 2012 - Wie Dresden die Weichen für 2025 stellt |
Obwohl die Bevölkerungszahlen wachsen, wird in der Stadt weniger mit dem Auto gefahren – dafür mehr mit Fahrrad, Bus und Bahn. Was heißt das für die Zukunft? Von Bettina Klemm Günstig umsteigen. Dresdens Stadt- und Verkehrsplaner wollen es leichter machen, auf das Auto in der Stadt zu verzichten. So sollen, wie in Strehlen, Straßenbahn, Bus und S-Bahn miteinander verknüpft werden. Noch vor der Sommerpause werden die Pläne zum Bau einer neuen Straßenbahnstrecke zwischen Tiergarten-, Oskarstraße und Wasaplatz in Ortsbeiräten und Ausschüssen diskutiert. Danach könnte der Stadtrat das fast 19 Millionen Euro teure Projekt beschließen. Ein umfangreiches Planungsverfahren und die Anträge auf Fördermittel schließen sich an. Realistischer Baubeginn wäre 2015. Veränderung der Altersstruktur zwingt zum Umdenken Die Straßenbahnstrecke ist ein Beispiel für Dresdens Verkehrsentwicklungsplan 2025. Planer Matthias Mohaupt hat dazu die aktuelle Situation aufgezeigt und verschiedene Szenarien berechnet. Obwohl Dresdens Bevölkerungszahlen im vergangenen Jahrzehnt um fast zehn Prozent gewachsen sind, hat der Pkw-Verkehr sogar leicht abgenommen. In Dresden nimmt der Anteil der älteren zu und gleichzeitig erhöht sich der Anteil der jüngeren Bewohner. Ältere Dresdner nutzen ihr Auto seltener. Einer Studie zufolge steigen viele aufs Elektrofahrrad um. Radfahren immer beliebter, Bus und Bahn stärker genutzt Bei den Jüngeren zeichnet sich ein Umdenken ab. Sie wollen zwar ein Auto nutzen, wenn es nötig ist, aber nicht unbedingt eins besitzen – Care-Sharing lässt grüßen. 40 Prozent der Dresdner Haushalte haben kein eigenes Auto mehr. Die Folge: Es werden fast eine Million Kilometer weniger pro Tag mit dem Auto im Stadtgebiet zurückgelegt. Deutlich zugenommen haben das Radfahren in der Stadt und der öffentliche Nahverkehr. 60 Prozent der in der Stadt zurückgelegten Wege sind kürzer als fünf Kilometer. Werden mehr Straßen gebaut, steigt auch die Zahl der Autos Bis 2025 wird es 15000 Einwohner in Dresden mehr geben, gleichzeitig schrumpft aber das Umland und damit auch die Pendlerzahl. Die Stadt geht von verschiedenen Szenarien aus. Zu den bereits bis 2025 beschlossenen Verkehrsbauprojekten könnten noch weitere kommen. Die Folge: Angebot schafft Nachfrage: Mehr als eine Million Kilometer könnten dann am Tag mehr gefahren werden. Ein weiteres Szenario sieht vor, dass die geplanten Dinge, wie beispielsweise die Königsbrücker Straße, gebaut werden, zusätzlich aber die Bedingungen für den Fuß- und Radverkehr sowie für Bus und Bahn verbessert werden. Dazu gehört auch der Bau neuer Straßenbahntrassen. Als Folge rechnen die Verkehrsplaner mit 1,1 Millionen Autokilometern weniger. Bei einem dritten Szenario wird darüber hinaus noch davon ausgegangen, dass die Menschen aufgrund teurer Spritpreise und mehr Interesse an Umweltthemen weniger mit dem Auto fahren. Das würde zu einem weiteren Sinken führen, kann aber von der Stadt kaum beeinflusst werden, sagt Verkehrsplaner Mohaupt. Verkehrsplanung zunehmend von außerhalb beeinflusst Neu an dem Verkehrsentwicklungskonzept sind fremde Einflüsse. So wirken sich die steigenden Preise für Öl und damit auch für Kraftstoff längerfristig auf das Fahrverhalten aus. Zudem spielen immer stärker europäische Vorschriften wie zur Luftreinhaltung eine Rolle. Parallel wächst die Sensibilität bei der Bevölkerung. Die Dresdner sehen Luftverschmutzung, Straßenlärm und Unfallrisiken kritischer als noch vor einem Jahrzehnt. Kommentar Sächsische Zeitung, 26. Mai 2012 |
25. Mai 2012 - Geplant ins Verkehrschaos |
Von Peter Hilbert Die Fetscherstraße wird künftig zur Staufalle. Eine teure Tunnellösung kommt für die Stadt aber nicht infrage. Beim Ausbau fallen alle vorhandenen Parkplätze weg. Die Brückenbauer am Waldschlößchen sind derzeit richtig in Fahrt. In hohem Tempo errichten sie die Fahrbahnplatte. Früher als geplant soll sie bereits Mitte Juni fertig sein, kündigt Baubürgermeister Jörn Marx (CDU) an. So scheint der Brückenfreigabe Ende dieses Jahres nichts mehr im Wege zu stehen. Gewaltige Hürden werden sich allerdings auftürmen, wenn die Verkehrsflut aufs linkselbische Ufer trifft. Denn beim Hauptanschluss Fetscherstraße geht es – wenn überhaupt – nur im Schneckentempo voran. Die Verkehrsflut: Fahrzeuge rollen über unsanierte Straße Rollen bislang täglich gut 10.000 Fahrzeuge vor der Uniklinik über die Fetscherstraße, so werden es nach Brückenöffnung zweieinhalb mal soviel sein. Zumindest ist auf dem Stück zwischen Pfotenhauer- und Fiedlerstraße Hoffnung in Sicht. Denn bis Oktober soll es ordentlich ausgebaut sein. Der Abschnitt davor war schon 2008 ausgebaut worden. Anders sieht es hingegen im 1,6 Kilometer langen anschließenden Stück bis zum Comeniusplatz aus. Dort übt sich die Stadt mangels Geld nur in Flickschusterei. Also muss sich der Verkehrsstrom noch für Jahre über eine Schlaglochpiste quälen. Die Notlösung: Dünner Asphalt ersetzt Pflaster am Fetscherplatz Genauso dünn wie die städtische Finanzdecke für den Straßenbau sieht deren Notlösung für die Schlaglochpiste aus. Das Geld reicht gerade mal für eine dünne Asphaltschicht auf der Fahrbahn. Im Abschnitt bis zum Fetscherplatz ist sie schon 2010 aufgebracht worden. Zwischen 15. August und 19. Oktober erhalten im letzten Stück bis zum Comeniusplatz die beiden Fahrspuren neben dem Gleis eine frische Asphaltdecke, teilt die Stadt mit. Letztlich wird vom 15. Oktober bis 9. November das Pflaster am Fetscherplatz durch Asphalt ersetzt. Der Ausbauplan: Radfahrer erhalten separate Wege Zumindest liegt jetzt ein erster Entwurf des Ausbauplanes vor. Peter Tatzel vom Stadtplanungsamt erklärte am Mittwoch im Ortsbeirat Altstadt Details. Danach soll der Abschnitt um 2,6 auf 16,7 Meter verbreitert werden. Zwar soll es auch weiterhin nur zwei Fahrspuren geben. Vorgesehen sind aber Radwege am Straßenrand. Zwar nannte der Stadtplaner einen frühestmöglichen Baubeginn 2016. Doch dann verwies CDU-Ortsbeirat Karlheinz Hauser auf den von Bürgermeister Marx angeführten frühesten Bauzeitraum 2017 bis 2018. Letztlich räumte Tatzel ein, dass sein Termin sehr optimistisch angesetzt sei. Die Striesen-Autobahn: Wormser Straße wird Hauptmagistrale Striesen bekommt mit dem Ausbau eine neue Hauptzufahrt. An der fünfarmigen Kreuzung mit der Fetscherstraße soll die Dürerstraße geschlossen werden. Die Wormser Straße wird an der Zufahrt verbreitert und in beide Richtungen geöffnet. So kann der Verkehrsstrom ungehindert nach Striesen fließen. Der Fetscherplatz-Tunnel: Bau würde 26 Millionen kosten Untersucht wurde auch ein Tunnelsystem am Fetscherplatz. Allerdings wäre dabei ein erheblicher Aufwand nötig. Die Kosten werden auf rund 26 Millionen Euro geschätzt. Das sind neun Millionen Euro mehr als für den Ausbau des gesamten 1,6-Kilometer-Abschnitts veranschlagt werden. Da zudem erhebliche Eingriffe nötig wären, schätzen die Planer diese Alternative als nicht umsetzbar ein. Die Tempobremse: Mit 15 km/h zur Brücke schleichen Planer Tatzel räumte ein, dass die Fetscherstraße mit dieser Verkehrsbelastung an ihre Grenzen stößt. Zwar könnte das Durchschnittstempo durch den Ausbau in Richtung Großer Garten sogar noch leicht auf 21 Stundenkilometer erhöht werden. In der Gegenrichtung sinkt es jedoch von 24 auf 15 km/h. In Spitzenzeiten ist künftig auf der Strecke Dauerstau angesagt. Die Streichorgie: 191 Stellplätze an Fetscherstraße fallen weg Der Bau beidseitiger Radwege hat Konsequenzen. Insgesamt fallen so 191 Kfz-Stellplätze weg. Zwar sollen die teilweise in Nebenstraßen ersetzt werden. Doch ein Defizit bleibt. Die Ortsbeiräte hatten erhebliche Kritiken an diesem ersten Entwurf. So auch Torsten Hilbrich (FDP). „Da staut es sich künftig wie am Blauen Wunder“, sagte der Baufachmann. Er fordert, vor allem an den Kreuzungen intelligentere Lösungen für einen besseren Verkehrsfluss zu suchen. Zudem monierte er, dass zu viele Parkplätze wegfallen und das Finanzkonzept völlig unklar ist. Der Ortsbeirat hat den Beschluss vertagt. Planer Tatzel soll den Plan überarbeiten und ihn in einem halben Jahr wieder vorlegen. Sächsische Zeitung, 25. Mai 2012 KOMMENTAR: Brückenplanung mit Scheuklappen Peter Hilbert über das geplante Verkehrsdesaster Über 181 Millionen Euro werden fürs Gesamtprojekt Waldschlößchenbrücke ausgegeben. Doch eine wesentliche Sache bekommt die Stadt nicht auf die Reihe – einen vernünftigen linkselbischen Anschluss rechtzeitig auszubauen. Dabei hatten die Rathausverantwortlichen viel Zeit dafür. Hat sich doch der Brückenbau fast im Jahresrhythmus verschoben. Geht es im Rathaus oftmals bei der Planung langsam voran, so ist das Tempo bei der Fetscherstraße äußerst gering. Es gehören große Scheuklappen dazu, um bei dem gewaltigen Brückenprojekt diesen Hauptanschluss einfach außen vor zu lassen. Gewiss ist für Schulen, Kitas oder auch die Rathaussanierung viel Geld nötig. Doch deshalb am Brückenanschluss zu sparen, ist einfach nur Stückwerk. Auszubaden haben das die Striesener und Johannstädter. Denn mit der Brückenfreigabe ergießt sich der Verkehrsstrom über die dürftig geflickte Fetscherstraße und die holperigen Nebenstraßen. Prognostizieren die Verkehrsexperten für die ausgebaute Trasse schon erhebliche Staus, so dürfte es in der Zeit vorher noch drastischer sein. Und die könnte lange dauern. Gehen doch selbst die optimistischen Annahmen von sechs Jahren aus. Dabei ist für die weiteren Planungen oder gar den Ausbau bisher kein Cent sicher. Wenigstens für eins sollte jetzt das Rathaus sorgen: Schadensbegrenzung. Damit die Autofahrer zumindest nicht befürchten müssen, stundenlang auf der Fetscherstraße im Stau zu stehen. Sächsische Zeitung, 25. Mai 2012 |
23. Mai 2012 - Nicht nur in Dresden explodieren die Kosten für Großprojekte: |
Kostenexplosion beim Flughafen: Berliner Terminal wird doppelt so teuer wie geplantDas Berliner Prestigeprojekt gerät zum völligen Desaster: Der neue Hauptstadtflughafen wird nicht nur neun Monate später fertig, er wird auch erheblich teurer als geplant. Vor allem das Abfertigungsgebäude sprengt die Kalkulationen. Schönefeld/Potsdam – Am neuen Berliner Hauptstadtflughafen „Willy Brandt“ mehren sich die Anzeichen für eine Kostenexplosion. Der Airport könnte statt der ursprünglich erwarteten 2,5 Milliarden Euro letztlich rund drei Milliarden Euro kosten, befürchtet die Opposition im Potsdamer Landtag. Die Gesamtkosten könne derzeit noch niemand beziffern, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Er bat am Montag in einer Regierungserklärung um Entschuldigung für die Verzögerungen beim Bau des Flughafens. Dessen Eröffnung war vom 3. Juni auf März 2013 verschoben worden, weil die Brandschutzanlage noch nicht fertig ist. Allein das Abfertigungsgebäude kostet nach aktueller Prognose 1,22 Milliarden Euro, wie Platzeck sagte. Hinzu kämen 50 Millionen Euro für Um- und Anbauten. Damit wäre der Terminal doppelt so teuer wie ursprünglich geplant – kalkuliert waren 620 Millionen Euro. Als Gründe nannte der Ministerpräsident zusätzliche Ausgaben etwa für doppelstöckige Fluggastbrücken. Hinzu kämen Kosten für neue Sicherheitstechnik wegen der EU-Freigabe für Wasserflaschen im Handgepäck ab 2013. Platzeck: Niemand weiß, ob Finanzierungsrahmen ausreicht Mit Blick auf die Gesamtkosten sagte Matthias Platzeck, die verfügbaren Mittel seien ausgegeben oder vertraglich gebunden. Der Kreditrahmen für das Projekt liege bei 2,4 Milliarden Euro. Die Gesellschafter hätten zusätzlich 430 Millionen Euro freigegeben. Zudem habe die Flughafengesellschaft FBB Eigenmittel in Höhe von 530 Millionen Euro für Investitionen in Schönefeld und auf dem bisherigen Flughafen Tegel erwirtschaftet. „Niemand weiß heute – 13 Tage nach der Entscheidung über die Verschiebung -, ob dieser Finanzierungsrahmen ausreicht“, sagte Ministerpräsident Platzeck im Potsdamer Landtag. Nachträge der Baufirmen seien möglich, hinzu kämen Kosten der Verschiebung. Die Betreiber gehen von monatlich 15 Millionen Euro aus, allerdings noch ohne die angekündigten Schadensersatzforderungen der Fluggesellschaften. Platzeck sagte, die Flughafengesellschaft müsse dem Aufsichtsrat am 22. Juni seriöse Zahlen nennen. Zusatzkosten durch sogenannte Zinswetten, wie vom SPIEGEL berichtet, gebe es nicht, sagte Platzeck. Laut Geschäftsbericht für 2011 lagen die Risiken aus diesen Geschäften zum Jahresende bei 214,5 Millionen Euro. Das seien Buchwerte, sagte Platzeck. Die Geschäftsführung habe nicht vor, die sogenannten Swaps zu kündigen. Sie sollen den Flughafen gegen steigende Kreditzinsen absichern. Sonderkommission für Flugkoordinierung Platzeck ließ offen, ob der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg als Eigentümer Geld nachschießen müssen. Aus Sicht von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) müssen die Mehrkosten infolge der Verzögerungen bei der Fertigstellung des Flughafens von den Gesellschaftern getragen werden. Der Minister sagte im Deutschlandfunk, die Flughafengesellschaft gehöre drei Partnern: den Ländern Brandenburg und Berlin zu jeweils 37 Prozent sowie dem Bund zu 26 Prozent. „Und, wenn es Nachschusspflichten gibt, werden diese in diesen Quoten aufgeteilt.“ Bislang sind Bund und Länder mit 440 Millionen Euro beteiligt, auf das Land Berlin entfallen 180 Millionen Euro. Ein Sprecher Ramsauers bestätigte auf Anfrage, dass eine Sonderkommission eingerichtet worden sei. Aufgabe des Gremiums sei die Koordinierung der Flüge von den bisherigen Flughäfen Tegel und Schönefeld. Beteiligt seien die Deutsche Flugsicherung, die Zentralabteilung des Ministeriums und der Deutsche Wetterdienst. Sowohl Platzeck als auch Ramsauer verteidigten die Arbeit des Aufsichtsrats. Platzeck räumte allerdings ein, hinterher sei man immer schlauer: „Daher ist es natürlich aus heutiger Sicht so, dass wir noch misstrauischer hätten sein sollen.“ Einen Rückzug aus dem Gremium lehnte Platzeck ab. Er wolle dafür arbeiten, dass der Flughafen trotz aller Schwierigkeiten ein Erfolg werde. abl/dpa-AFX/dapd Spiegel-online, 21. Mai 2012 |
22. Mai 2012 - KOMMENTAR: Das Prinzip Dresden wird unbezahlbar |
Denni Klein über den Baustopp fürs Rathaus Es ist in Dresden längst festes Prinzip: Was die Stadt baut, wird viel teurer als geplant. Die Rathaus-Sanierung reiht sich in eine lange Liste solcher Projekte ein. Sie alle haben eins gemeinsam: Sie waren umstritten und mussten im Stadtrat durchgesetzt werden. Angesichts der Finanznot für Kitas und Schulen hätte der Rat die Sanierung mit den sich nun offenbarenden Kosten womöglich abgelehnt, wenigstens aber in kleinere Bauabschnitte geteilt und zeitlich gestreckt. Nun sind die Räte wieder gezwungen, das Geld zu bewilligen, denn das Rathaus nicht weiter zu bauen und trotzdem dafür zu zahlen, können sie auch nicht verantworten. So kommen die Kosten scheibchenweise auf den Tisch – wie fast immer in Dresden. So war es bei der Eishalle, so ist es nach dem Beschluss zum Bau der Schwimmhalle Freiberger Straße gekommen. In dem Fall explodieren die Kosten schon vor Baustart. Da ist viel Spielraum nach oben. Spätestens nach Baustart, sitzen die Millionenbeträge dann locker und sind auch immer da. Es scheint, als sei der Stadtrat hier machtlos und hat selbst den Überblick über von ihm bewilligte Projekte verloren. So auch beim Rathaus. Die Begründung, die Ursachen für die Mehrkosten seien erst nach Baubeginn erkennbar gewesen, ist unhaltbar. Wäre es so, spricht das für eine schlampige Vorbereitung des Großprojekts. Kein privater Häuslebauer, der auf sein Geld achten muss, hätte sich ohne zuverlässige Voruntersuchungen der Bausubstanz auf so ein Sanierungsabenteuer eingelassen. Die Stadt verbaut ja nicht „ihr“ Geld, sondern das der Steuerzahler. Die müssen mit Platznot an Schulen, fehlenden Kitaplätzen und kaputten Fußwegen eben länger klarkommen. Der Stadtrat sollte sich wehren und für alle Projekte eine Kostendeckelung beschließen. Er kann Millionenbeträge erst dann bewilligen, wenn sie mit Ausschreibungsergebnissen untersetzt und nicht nur grob geschätzt sind. Zudem sollten sie von externen Büros betreut werden, die man dann zur Verantwortung ziehen kann. Beim bisherigen Prinzip Dresden hat wie immer keiner Schuld. Diese Haltung ist aber unbezahlbar. Sächsische Zeitung, 21. Mai 2012 |