|
13. Januar 2014 - Waldschlößchenbrücke – Bundesverwaltungsgericht verhandelt im März |
Von Thomas Baumann-Hartwig Im schlimmsten aller Fälle kämen die Abrissbagger. Dresden hätte einen riesigen Tunnel, der ins Nichts führen würde. Die Stadt würde mit Hohn und Spott überzogen werden. Erste deutsche Großstadt, die eine Brücke wieder abreißen muss. Die Waldschlößchenbrücke ist zwar stabil gebaut und hat auch der Juniflut im vergangenen Jahr getrotzt. Aber sie steht gewissermaßen im rechtsfreien Raum. Denn über die Rechtsmäßigkeit des Brückenbaus wird nach wie vor gestritten. In diesem Jahr könnte es endlich Rechtssicherheit geben: Der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig beabsichtigt, am 6. März mündlich zum Rechtsstreit „Naturschutzbund Deutschland u.a. gegen Freistaat Sachsen“ unter dem Aktenzeichen BVerwG 9 C 6.12 zu verhandeln. Das teilte Birgit Schünemann, Leiterin der Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichtes, am Freitag auf Anfrage der DNN mit. Der Senat, der für alle großen Straßenbauvorhaben in Deutschland verantwortlich ist, hatte die mündliche Verhandlung zur Waldschlößchenbrücke eigentlich für 2013 angekündigt. Aber daraus wurde wegen zahlreicher anderer großer Verfahren nichts. Außerdem müssen sich die höchsten Verwaltungsrichter in sehr komplexe und umfangreiche Sachverhalte einarbeiten: Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Bautzen zur Waldschlößchenbrücke ist 223 Seiten stark. Das des Verwaltungsgerichts (VG) Dresden umfasst rund 130 Seiten. Am VG nahm der Rechtsstreit 2008 seinen Anfang. Der Naturschutzbund Deutschland und zwei weitere Umweltschutzorganisationen klagten gegen den Planfeststellungsbeschluss für die Waldschlößchenbrücke. Damals umfasste der Prozessstoff noch schlanke 25 Aktenordner. Mittlerweile muss ein Kleintransporter vorfahren, um alle Schriftsätze und juristischen Ausführungen transportieren zu können. Das VG wies die Klage der Brückengegner im Oktober 2008 ab. Die Behörden des Freistaates hätten die Interessen des Naturschutzes beim Planfeststellungsbeschluss ausreichend berücksichtigt, hieß es im Urteil. Intensiv befassten sich die Richter mit der Frage, ob der von den Brückengegnern vorgeschlagene Tunnel eine Alternative gewesen wäre. Eindeutig nein, bemerkten die Juristen – ein Tunnelbau wäre wegen schwerwiegender Eingriffe in die Natur nie und nimmer genehmigungsfähig gewesen. Die Kläger legten Berufung gegen das Urteil ein, das OVG wollte 2009 verhandeln. Doch das war nicht möglich, weil der Planfeststellungsbeschluss erweitert werden musste: Für die Uferbereiche der Elbe, die zum Einschwimmen der vormontierten Strombrücke genutzt werden sollten, lag keine Genehmigung vor. Erst 2012 konnte das OVG die Berufung verhandeln – der Senat kam zu keinem anderen Ergebnis als das VG. Selbst die Brückengegner lobten die Bautzner für die umfassende Rechtspflege, die im Berufungsprozess betrieben wurde. Das hielt die Kläger aber nicht davon ab, Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht einzulegen. „Die Kläger machen in der Revision weiterhin geltend, der Planfeststellungsbeschluss sei formell und materiell rechtswidrig. Er verstoße gegen nationales und europäisches Naturschutzrecht, insbesondere erfülle er nicht die Anforderungen der Vogelschutzrichtlinie und des FFH-Gebietsschutzes, auch die artenschutzrechtlichen Vorgaben würden nicht eingehalten“, heißt es in einer Mitteilung des 9. Senats. Sollten die Kläger den Senat von ihrer Auffassung überzeugen, könnte – im schlimmsten Fall – der Abriss der Brücke verfügt werden. Daran glauben allerdings selbst eingefleischte Brückengegner nicht. Ihnen geht es vor allem darum, Recht zu bekommen. Was dazu führen könnte, dass der Senat weitere umweltschutzrechtliche Auflagen verfügt. Immerhin waren es die Umweltschutzverbände, die für ein mehrmonatiges Tempo 30 auf der Brücke gesorgt haben. Weil schneller fahrende Fahrzeuge die Fledermausart „Kleine Hufeisennase“ gefährden würden, wie das OVG feststellte. |