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11. Juni 2010 - Kommentar zum Welterbetag – Sachsen hasardiert weiter |
Beitrag von Nikolaus Bernau (Berliner Zeitung vom 06. Juni 2010) Am Sonntag wird in 32 Orten Deutschlands Welterbetag gefeiert, in Aachen und Regensburg, Maulbronn, Lübeck, Dessau, Potsdam und auf der Museumsinsel. Überall wird betont werden, dass der Welterbetitel kein Selbstzweck ist, sondern eine Mahnung, die kulturelle, wirtschaftliche, ökologische und soziale Bedeutung des Erbes insgesamt zu achten Dresden aber darf nicht mehr mit feiern. Dort musste die Unesco wegen Baus der Waldschlösschenbrücke erstmals den Titel eines Weltkulturerbes aberkennen. Doch statt aus dem Desaster zu lernen, will die CDU- und FDP-geführte Landesregierung Sachsens der Denkmal-Vandalisierung nun offenbar erst richtig Vorschub leisten. Nach einem Gesetzesentwurf soll die Schutzkategorie „städtebauliche Bedeutung“ in Sachsen ganz fallen. Investoren werden jubeln, denn die so geschützten Bauten stehen meist auf besten Grundstücken – deswegen können sie ja das Stadtbild prägen. Bodendenkmale seien künftig vor allem solche aus der grauen Vorzeit. Hinweg mit den Kellern des Mittelalters in Dresden und Leipzig, sie stören eh den Bau von Tiefgaragen. Künftig soll unterschieden werden zwischen wenigen Kostbarkeiten unter der Obhut des Landesdenkmalamtes und jenen 80 Prozent, die der Obhut der Ortsbehörden überlassen werden. Aber Lokalpolitiker orientieren sich erfahrungsgemäß eher an Arbeitsplatzversprechen als am Denkmalwert alter Bauten. Das Desaster ist absehbar. Schließlich: Wer weiß, was in 20 Jahren als wichtig betrachtet wird? Als vor zwei Generationen Volk und Politiker kaiserzeitliche Bauten stadtviertelweise zerstören ließen, standen oft nur die Denkmalpfleger dagegen an. Die denkmalfachliche Inkompetenz hinter solchen Vorschlägen wird nur von der Chuzpe übertroffen, sie in einen Gesetzestext zu gießen. Inzwischen protestieren nicht nur die oppositionellen Bündnisgrünen gegen die Pläne von CDU und FDP, sondern auch der Denkmalpflegerverband ICOMOS, das Leipziger Stadtforum, der Freiberger Altertumsverein, die deutschen Landesdenkmalpfleger, der Verband Deutscher Kunsthistoriker. Letztlich ist der Gesetzesentwurf eine Frucht jener ideologischen Liberalisierung von Staatsaufgaben zugunsten der Wirtschaft, die mit in die aktuelle Krise führte. Es geht nicht nur um alte Bauten, sondern darum, wer bestimmt, was wirklich wichtig ist für die Gesellschaft. |